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Bismarck am Nil

Uganda sonnt sich nach der „Geburtshilfe“ für Kabila im Kongo als neue Großmacht Afrikas  ■ Aus Kampala Erhard Brunn

Bei der Freude über die rasanten Veränderungen in Kongo/Ex- Zaire wird der Vorhang vor Ugandas Rolle dabei jetzt nicht mehr ganz so dicht geschlossen wie in den letzten Monaten. Eine gehörige Portion Stolz schwingt mit: Die internationale Geburtshilfe für Kabilas „befreites Kongo“ war erfolgreich, und der wichtigste Geburtshelfer war Ugandas Präsident Yoweri Museveni.

Ein umfangreiches Interview in der Regierungszeitung New Vision ließ vor einigen Wochen schon ungewöhnlich tiefe Einblicke in Musevenis Gedankenwelt zu. „Museveni, Vorbote einer neuen Art afrikanischer Führer“, titelte der dem Präsidenten nahestehende Newton Kanhema. Das Ziel: Schluß machen mit den alten afrikanischen Führern und eine „Renaissance Afrikas“. Seine Vision, sagt Museveni, sei eine Art Vereinigte Staaten von Afrika. Vorbild ist für ihn dabei nicht zuletzt die Vereinigung Deutschlands unter Bismarck. Der symbolisiert für Museveni, was er bei afrikanischen Führern der Vergangenheit vermißt: Ernsthaftigkeit in der Sache.

Diesen Ernst wird Museveni spätestens seit der Umwälzung in Zaire niemand mehr absprechen können: zäher Wille, langer Atem und die geduldige Pflege der richtigen Freundschaften. Dies hat immer mehr der marginalisierten Linken des östlichen und südlichen Afrikas, die sich in den 70er Jahren im „sozialistischen“ Tansania von Julius Nyerere kennenlernten, den Weg an die Macht ermöglicht – jetzt eben auch Kabila, dem Museveni seit den 70er Jahren als Kampfesbruder verbunden war.

Trocken, aber treffend wird Museveni in New Vision als „Architekt von Regierungen an der Macht und im Wartestand“ bezeichnet. Kanhema faßt zusammen: „Er hatte zu tun mit den Revolutionen in Äthiopien, Ruanda und nun in Zaire, und bald wird erwartet, daß er seine Hilfe für die SPLA im Sudan auf ihrem Marsch nach Khartum verstärken wird. Sein Einfluß erstreckt sich heute vom Roten Meer bis zum Atlantischen Ozean, von Äthiopien bis Zaire, die Weite und Tiefe Ost- und Zentralafrikas umfassend.“ Selbst der Führung Südafrikas zeigt sich Museveni auf väterliche Weise verbunden. „Erinnern Sie sich“, sagt er, „ich habe dem ANC geholfen. Ich habe hier seine Soldaten trainiert. Wir haben Tausende von ihnen ausgebildet. Alle seine Führer kamen her.“

Der mittlerweile pensionierte Nyerere „unterstützte die Befreiungskriege. Ohne Dr. Nyerere hätte es keine Unabhängigkeit für Mosambik gegeben, und ohne die Unabhängigkeit von Mosambik keine in Simbabwe und Namibia. Er war der Schlüssel.“ In Uganda hingegen habe man alles alleine schaffen müssen. Das betont Museveni in seiner neuen Autobiographie Sowing The Mustard Seed.

Da könnte selbst die Region zwischen Sahara und Kap zu klein werden. Auf die selbstgestellte Frage, was Präsident Museveni nun vorhabe, sinnierte der Präsidentenberater für Medienfragen, John Naggenda, vor wenigen Tagen: „Mit Museveni kann Uganda stolz sein auf einen der größten Führer des modernen Afrikas... Unser Mann ist von wirklich internationalem Zuschnitt auf der höchsten Ebene.“

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