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Stopp für Cannabis-Projekt bestätigt

■ Nach Seehofer erklärt auch Bundesbehörde: Kieler Haschischabgabe in Apotheken verstößt gegen Gesetz

Berlin (taz) – Gesundheitsminister Horst Seehofer hatte seinem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Schau gestohlen. Schon vor zehn Tagen ging der CSU-Minister vor die Presse und verkündete, daß er das wissenschaftliche Modellprojekt des Landes Schleswig-Holstein zum kontrollierten Haschischverkauf stoppen werde. Damals war die zuständige Behörde noch mitten in der Prüfung des Antrags. Jetzt konnte sie nachlegen und ausführlich begründen, warum es auch künftig nicht erlaubt sein soll, Haschisch – Kleinstmengen von bis zu fünf Gramm – in ausgewählten Apotheken zu verkaufen.

Die Kieler Pläne würden gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen, weil sie über die darin vorgesehenen Ausnahmegenehmigungen hinausgingen, hieß es gestern in Berlin. Danach sei eine Erlaubnis für die Freigabe von Cannabis-Produkten nur in Einzelfällen vorgesehen. Außerdem sieht das Institut die vom Gesetz geforderte Sicherheit und Kontrolle der Abgabe nicht gewährleistet. Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerium hatte dafür eine Chip- Karte vorgesehen, die jedoch anonymisiert sein sollte. An dieser Chip-Karten-Methode kritisierten die Antragsprüfer außerdem, daß sie keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zulasse – zum Beispiel zu psychischen, gesundheitlichen und sozialen Folgen des Konsums.

Daß dies gar nicht primäres Ziel des geplanten und jetzt gestoppten Präventionsprogramms war, ignorierte die Behörde. „Trotz Apotheken als Abgabestellen hatten wir nicht vor, Cannabis als Medizinprodukt zu testen“, kommentierte die Kieler Gesundheitsministerin Heide Moser (SPD). Vielmehr wolle man prüfen, ob die Märkte für weiche und harte Drogen zu trennen seien. Die Haschischabgabe sollte von gefährlicheren Drogen und dem illegalen Handel abgespalten werden. Schleswig-Holstein wollte damit neue Wege in der Drogenpolitik gehen, wie es das Bundesverfassungsgericht schon vor drei Jahren mit der Freigabe kleiner Cannabis- Mengen zum Eigenverbrauch angeregt hatte.

Ministerin Moser wertete die gestrige Ablehnung als politisch motiviert. Nach den öffentlichen Weisungen Seehofers sei mit einer Zustimmung der Bundesbehörde nicht mehr zu rechnen. Sie schloß nicht aus, Widerspruch bei der Behörde einzureichen. Annette Kanis

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