DGB geht bei Rente voran

■ Rentengespräche zwischen Blüm und DGB kommende Woche. SPD verärgert

Hannover (taz) – Bereits am kommenden Mittwoch will der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) Verhandlungen über die Zukunft der Rentenversicherung aufnehmen. Die erste Runde im Bonner Arbeitsministerium mit der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer und Vertretern der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG) und der Arbeitgeberverbände werde am Mittwoch morgen im Bonner Arbeitsministerium stattfinden, teilte gestern ein DGB-Sprecher mit. Eine Sprecherin des SPD-Parteivorstands betonte demgegenüber noch einmal, daß für ihre Partei die Vorschläge Blüms zu einer langfristigen Senkung des Rentenniveaus nicht diskussionsfähig sind.

„Die SPD kann nicht über Rentensenkungen verhandeln, die später viele Rentner und vor allem Rentnerinnen in die Sozialhilfe treiben“, sagte die Parteisprecherin. Als „Quatsch“ bezeichnete die Sprecherin Presseberichte, wonach sich führende Sozialdemokraten durch die Äußerungen des DGB-Vorsitzenden Dieter Schulte zu einer möglichen langfristigen Absenkung des Rentenniveaus hintergangen fühlten. Der DGB sei eine andere Organisation mit anderen Aufgaben und wolle in Verhandlungen mit Blüm nur ausloten, wie weit man mit diesem kommen könne. Nach Angaben des DGB-Renten- und Sozialexperten Erich Standfest hat es bereist am 2. Mai ein Vorgespräch zwischen dem Gewerkschaftsbund und dem Bundesarbeitsminister gegeben. Darin habe Blüm zugesichert, daß noch alle Punkte seines Rentenkonzepts verhandlungsfähig seien. „Mit dem Eintritt in die Gespräche kann man aber eine langfristige Herabsetzung des Rentenniveaus nicht mehr zum Tabu erklären“, sagte Standfest, der beim DGB-Bundesvorstand die Abteilung Sozialpolitik leitet. Wenn man in gut zwei Jahrzehnten nicht einen Beitragssatz von 25 Prozent zur Rentenversicherung wolle, müsse man die demographische Entwicklung bei der Höhe des Rentenniveaus berücksichtigen. Größere Sorgen bereiteten dem DGB die von Blüm geplanten Kürzungen bei der Berufsunfähigkeitsrente. Durch sie drohe vielen Arbeitnehmern, die ihren Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könnten, der Gang zum Sozialamt.

Die SPD hat nach Ansicht von Standfest keinen Anlaß zum Schmollen. Nach dem Vorgespräch mit dem Bundesarbeitsminister habe der DGB in persönlichen Gesprächen und auch in drei Briefen an Oskar Lafontaine, Rudolf Scharping und Rudolf Dressler die SPD zu weiteren Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Rente aufgefordert. Das SPD-Präsidium habe aber auf seiner Sitzung am 5. Mai definitiv dagegen votiert. Jürgen Voges