: Zwei Welten in Kinshasa
■ Kabilas erstes Kabinett ist kein großer Wurf
Die Geburt der Demokratischen Republik Kongo gestaltet sich schwer. Im brodelnden Kinshasa bewegt sich Kabilas Allianz wie in einem fremden Land. Die im Buschkrieg oder im Exil geschulten Kader der AFDL, die gewohnt sind, möglichst lapidar, geräuschlos und erfolgsorientiert zu agieren, prallen auf eine Millionenstadt, die Politik als Spektakel und Tragikomödie aus Winkelzügen und bunter Theatralik versteht.
In den letzten Tagen pilgerte die gesamte politische Klasse von Kinshasa mit farbenprächtigen Kostümen und Lebensläufen ins Hotel Intercontinental, um den puritanischen AFDL-Unterhändlern ihre Aufwartung zu machen. Die einstigen Rebellen entschieden sich zur Vorsicht und regieren lieber erst einmal selber. In Laurent Kabilas erster Regierung mutiert das bisherige Exekutivkomitee der Rebellenallianz zum Kabinett, erweitert um einige Vertreter der bisherigen zivilen Opposition in untergeordneten Funktionen.
Zu vermuten, die AFDL wolle einfach möglichst viel Macht, ist sicher gerechtfertigt – allerdings wollten die anderen Kräfte in Kinshasa das offenbar auch. Etienne Tshisekedi, Oppositionsheld der Hauptstadt, verlangte ganz wie in alten Mobutu-Zeiten das Amt des Premierministers und das Recht, eine eigene Regierung zu bilden – als habe nicht Kabila, sondern er den Krieg gewonnen. Tshisekedi lebt offenbar auf einem anderen Stern, auf dem er für immer und ewig den heldenhaften Verlierer spielen kann. Er kann sich nicht wundern, daß er damit nicht durchkam, und daß nun sogar einige seiner innerparteilichen Widersacher wie die geachtete Justine Kasavubu an seiner Stelle in die Regierung aufsteigen. Sollte Tshisekedi jetzt, nachdem er sich selbst ausmanövriert hat, seine Anhänger zu Protesten auf die Straße beordern, wäre die Katastrophe komplett – und der Schuldige hieße Tshisekedi.
Doch auch Kabilas Seite glänzt nicht gerade mit Weitsichtigkeit. Daß es nach bisherigem Stand neben Präsident Kabila weder einen Vizepräsidenten noch einen Premierminister, noch einen Verteidigungsminister gibt, ist ebenso bedenklich wie die Berufung des Hardliners Mwenze Kongolo, der für ein andauerndes Parteienverbot eintritt, zum Innenminister. Es bleibt nur die Hoffnung, daß das noch nicht das letzte Wort war. Dominic Johnson
Bericht Seite 8
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