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Statt Sicherheit mehr Dividende

HEW-Aktionäre verdienen sich an Atomkraftwerken goldene Nasen  ■ Von Achim Fischer

„Wirklich rundum zufrieden“ist der Chef der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), Manfred Timm, mit dem vergangenen Geschäftsjahr. Die gestern veröffentlichte Bilanz in Kürze: Mehr Atomstrom plus Stellenabbau gleich mehr Gewinn. Um satte 24 Prozent konnte der städtische Konzern seinen Überschuß steigern.

Der Rekordgewinn kommt fast ausschließlich durch verringerte Ausgaben zustande. HEW-Chef Timm: „Diese Kosteneinsparungen resultieren zum einen aus der guten Verfügbarkeit unserer Kernkraftwerke, zum anderen aus internen Effizienzsteigerungen.“Letztere bestanden „zum Beispiel“in der „Senkung der Belegschaftsstärke“. 1995 wurden 400 Stellen gestrichen, 1996 weitere 200.

Hauptursache des Rekordgewinns aber war der fast ungestörte Betrieb der AKWs Brunsbüttel, Brokdorf, Krümmel und Stade. Sie lieferten zehn Prozent mehr Strom als im Pannenjahr 1995, als Brunsbüttel monatelang abgeschaltet war. Nur gut acht Wochen waren Brunsbüttel und Krümmel 1996 vom Netz – weniger, als die Konzernzentrale befürchtet hatte. Timm jedenfalls freute sich über einen „politisch wie technisch weitgehend störungsfreien Betrieb“. Dadurch habe der „Kostenvorteil“der AKWs ausgeschöpft werden können. Genauer benennen mochten die HEW den Kostenvorteil nicht. Energie-Experten schätzen die Betreiberkosten für eine Kilowattstunde Atomstrom auf maximal fünf Pfennig, für moderne Gaskraftwerke dagegen auf mindestens acht, für Kohlekraftwerke auf locker zehn und mehr Pfennige.

Atomkritiker aber machen eine andere Rechnung auf. Sie veranschlagen auch die sogenannten externen Kosten, die nicht der Stromerzeuger, sondern die Allgemeinheit tragen muß. Danach ist Atomenergie die teuerste Energiequelle. Die Kosten für Umweltzerstörung oder Polizeischutz werden auf bis zu 70 Pfennigen je Kilowattstunde Atomstrom veranschlagt, so Rüdiger Rosenthal von Greenpeace. Er fordert ebenso wie die Hamburger GAL, einen Großteil des HEW-Gewinns in die Förderung regenerativer Energien zu investieren. 20 Millionen Mark stellen die HEW dieses Jahr für Alternativ-Energie zur Verfügung – 0,7 Prozent des Umsatzes.

Nutznießer des HEW-Gewinns sind Aktionäre und Großunternehmen. Die Anleger sollen eine Rekorddividende von 10 Mark je 50-Mark-Aktie erhalten, Großunternehmen konnten Strompreissenkungen bis zu 30 Prozent durchsetzen. Die HEW-„Aktionäre im Dienste des Ausstiegs“(AiDA) fordern in Anträgen an die Aktionärsversammlung im Juni, den Vorstand nicht zu entlasten. Außerdem sollten bis zu 80 Prozent des Bilanzgewinns in die Förderung regenerativer Energien fließen. Stellungnahme der HEW: „Die von den Antragstellern vorgetragenen Meinungen werden nicht geteilt.“

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