piwik no script img

Kalt und höflich

■ SPD setzt Innensenator unter Druck

Eiskalte Höflichkeit schlug Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) entgegen. Zwei Stunden lang diskutierte der SPD-Landesvorstand am Montag abend die Zustände vor und in der Ausländerbehörde. Nur die Wahl in vier Monaten hielt die Genossen davon ab, den Kopf des Chaos-Senators zu fordern. Bearbeitungsstau hin, Feiertage und Urlaubsrückstände her: SPD-Landeschef Jörg Kuhbier verlangte, daß Wrocklage sich bei den 260.000 AusländerInnen entschuldige.

Das Ausmaß des Andrangs, wand sich der Senator, hätte er nicht erkannt und beim Kindervisum auf die Übergangsregelung gesetzt. Das konnte selbst die zum rechten SPD-Lager zählende Fraktions-Chefin Elisabeth Kiausch nicht nachvollziehen. Als sie nach dem Krieg beim Metzger in der Schlange stand und der versicherte, morgen gäb's auch noch was, hätte sie darauf auch nicht vertraut. Sogar die stellvertretende Landeschefin Dorothee Stapelfeld ließ sich zu einer politischen Äußerung hinreißen. Was auch immer die Gründe gewesen sein mögen, der politische Eindruck sei verheerend. Wrocklage solle gefälligst für grundlegende Veränderungen sorgen.

Grundlegend bedeutet in jedem Falle mehr als die Kosmetik der „verschlankten Bearbeitung“– blind stempeln –, die derzeit die Schlangen auflöst. Die Genossen forderten mit Nachdruck, die Ausländerbehörde endlich auf die Bezirke zu verteilen. Die Dezentralisierung, lamentierte Wrocklage, koste Geld, das er nicht habe.

An ein paar Millionen, befand Landesboß Kuhbier, solle es nicht scheitern. Geprüft ist die Dezentralisierung bereits. Die Kuh soll wohl noch vor den Wahlen vom Eis.

Silke Mertins

Siehe auch Bericht Seite 5

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen