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Schönbohm bereitet Räumungen vor

■ Auf Druck der Innenverwaltung wurde dem Sanierungsbeauftragten LIST das Verhandlungsmandat für Noch-besetzte Häuser in Friedrichshain entzogen. Massive Polizeipräsenz ausdrücklich genehmigt

Die Innerverwaltung bereitet derzeit weitere Räumungen besetzter Häuser vor, in dem sie offensichtlich darauf insistiert, daß mögliche Vertragsabschlüsse nicht zustande kommen. Wie aus gut unterrichteter Quelle bekannt wurde, hat Innenstaatssekretär Kuno Böse bei der Bauverwaltung angefragt, in wessen Auftrag der Sanierungsträger LIST sich um eine Vertragslösung für die Rigaer Straße 80 und die Scharnweberstraße 28 in Friedrichshain bemüht. Innensenator Schönbohm (CDU) hatte bisher stets betont, erst tätig zu werden, wenn Verhandlungen von den Eigentümern für gescheitert erkärt würden.

Auch wenn Ralf Hirsch, zuständiger Mitarbeiter der Bauverwaltung keinen Druck aus der Innenverwaltung verspürt haben will, reagierte die Bauverwaltung umgehend: Da die Eigentümer der beiden Häuser kein Interesse an einer Selbsthilfesanierung mit den derzeitigen Bewohnern hätten, könne LIST nicht mehr mit Zustimmung der Bauverwaltung tätig werden. Auch die Friedrichshainer Baustadträtin Martina Albinus (PDS-nah) habe betont, daß LIST nicht im Auftrag des Bezirks arbeite, erklärte Hirsch.

Der Sanierungsträger LIST hat einen Treuhandvertrag mit dem Land Berlin und versucht normalerweise ohne konkreten Auftrag Handlungsspielräume für Hausprojekte auszuloten. Dabei war LIST in den vergangenen Jahren ausgesprochen erfolgreich. Auch mehrere ursprünglich als aussichtslos geltende Besetzungen konnten legalisiert werden. Hierbei sind auch andere Modelle als die Selbsthilfesanierung möglich.

Nach Angaben der Bewohner der Rigaer Straße 80 hatte der Hauseigentümer Sven Rosemann noch vor kurzem den Abschluß von Mietverträgen angeboten. Nach der Räumung der Niederbarnimstraße 23 am vergangenen Mittwoch habe er aber die Verhandlungen abgebrochen. Unterdessen halten die massiven Polizeikontrollen in Friedrichshain an. Nach Angaben von Kiezbewohnern sollen schon Hunderte Personen wegen „szenetypischen Aussehens“ festgehalten, an die Wand gestellt und durchsucht worden sein. In Einzelfällen bis zu fünfmal am Tag. Augenzeugen berichten von Kontrollen, aufgrund von „ordnungwidrigem Alkoholgenuß in der Öffentlichkeit“. Polizeisprecher Schulz begründete die Kontrollen mit dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG). Schulz wollte nicht ausschließen, daß die Berichte über die zahllosen Festnahmen stimmen.

Die Polizeipräsenz diene, so Schulz, der Gefahrenabwehr nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz. Die Brandstiftung in einer Straßenbahn nach Räumungen im November, dürfe sich nicht wiederholen. Die Besetzer vermuten hingegen eine gewollte Provokation, die einen Grund für die anstehenden Räumungen liefern solle. Der anhaltende Polizeieinsatz wurde von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) ausdrücklich genehmigt. Gereon Asmuth

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