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FIS macht Generälen ein Angebot

■ Algerische Islamisten legen eine Woche vor den Parlamentswahlen einen neuen Verhandlungsvorschlag vor

Madrid (taz) – „Es steht außer Frage, daß der Krieg in Algerien ethische, politische und ideologische Ursachen hat. Der blutige Konflikt kann somit logischerweise nur auf politischem Wege gelöst werden.“ Das bekundet die Islamische Heilsfront (FIS) in einem am Mittwoch veröffentlichten Dokument. In dem sechsseitigen Papier „Für eine Strategie der Krisenbewältigung“ fordert die Auslandsleitung der im Land verbotenen Organisation die algerischen Militärs zu einem „transparenten und ernsthaften Dialog“ auf und verurteilt „alle Attentate und Gewaltaktionen, die unschuldige Personen zum Ziel haben“.

Die Militärs, die 1992 die ersten freien Wahlen nach einem spektakulären Wahlsieg der FIS abbrachen, wollen von einem solchen Dialog nichts wissen. Nach fünf Jahren Konfrontation mit bis zu 120.000 Toten glauben sie weiterhin fest an die militärische „Auslöschung“ der unliebsamen Islamisten. In einer Woche lassen sie erneut wählen — dieses Mal unter Auschluß der FIS.

„Ohne die Beteiligung aller Parteien, die FIS eingeschlossen, lösen die Wahlen gar nichts“, verurteilt die Auslandsleitung der Islamisten den für 5. Juni angesetzten Urnengang. Wie bereits nach den Präsidentschaftswahlen im November 1995, bei denen sich Exgeneral Liamine Zéroual als Staatsoberhaupt bestätigen ließ, sei auch dieses Mal eine zusätzliche Verschärfung der gewalttätigen Aktionen zu befürchten.

„Wir glauben, daß ein militärischer Sieg, trotz Überlegenheit des Militärs, ausgeschlossen ist. Weiter darauf zu setzen heißt, den Preis, den das algerische Volk bezahlen muß, auf alle Ewigkeit festzuschreiben“, gibt die FIS zu bedenken. Einziger Ausweg aus dieser festgefahrenen Situation: „Verhandlungen, allerdings ohne uns zu ergeben.“ Nur die „gegenseitige Anerkennung“ könne an den Verhandlungstisch führen.

Parallel zu einem bilateralen Dialog zwischen Vertretern des Regimes und „den legitimierten FIS-Sprechern“ müsse ein multilateraler Runder Tisch „aller Komponenten der algerischen Nation“ eingerichtet werden, um einen „neuen Gesellschaftsvertrag zu schließen“, der endlich das verwirklicht, was sich einst zu Beginn des Unabhängigkeitskrieges gegen die französischen Kolonialherren die Nationale Befreiungsbewegung auf ihre Fahne geschrieben hatte: „Die Wiederherstellung eines algerischen, souveränen, demokratischen und sozialen Staates im Rahmen der Prinzipien des Islam.“

Ohne Vermittler keinen Dialog, davon ist die FIS fest überzeugt. Wegen „einer nie dagewesenen Vertrauenskrise unter den Algeriern“ käme im Lande niemand für diese Aufgabe in Frage, internationale Hilfe müsse her. Am liebsten sähe die FIS ein islamisches Land oder eine internationale arabische oder islamische Organisation, wie die der Islamischen Konferenz, in dieser Rolle. „Aber wir sind davon überzeugt, daß auch die europäischen Mächte wegen des hohen Risikos eines Flächenbrandes im Mittelmeerraum am Frieden in der Region interessiert sind“, lautet die Einladung der FIS auch an die Länder der EU. Als ersten Schritt zur Befriedung des Landes schlagen die Islamisten ein Waffenembargo gegen Algerien vor. „Das würde die Zahl der Opfer merklich senken und alle Beteiligten dazu bewegen, den Dialog zu suchen, um den Frieden, die Verständigung und Aussöhnung zu erreichen.“ Reiner Wandler

Kommentar Seite 8

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