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Raketencodes gelöscht

■ Rußlands Atomwaffen zielen nicht mehr auf Nato. Keine Demontage

Moskau/Sintra (dpa/rtr) – Die russischen Atomraketen zielen nicht mehr auf Nato-Staaten, meldete die Nachrichtenagentur Interfax gestern unter Berufung auf Informationen aus dem Verteidigungsministerium in Moskau. Präsident Boris Jelzin hatte die russische Initiative bei der Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit der Nato am Dienstag in Paris verkündet. Bei allen strategischen Raketen, die bisher auf Ziele in Nato-Staaten gerichtet gewesen seien, wurden die Zielcodes nach diesen Angaben gelöscht.

Eine Demontage der Raketensprengköpfe sei jedoch nicht vorgesehen, hieß es weiter. „Das ist Gegenstand möglicher zukünftiger Verhandlungen“, meldete Interfax unter Berufung auf informierte Quellen im Ministerium. Ähnlich hatte sich US-Sicherheitsberater Samuel Berger am Dienstag nach einem Treffen zwischen Jelzin und dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton in Paris geäußert.

Russische Militärexperten wiesen darauf hin, daß die Entfernung der Sprengköpfe technisch kompliziert und teuer sei sowie entsprechender Lagerraum für die Atomsprengköpfe kaum zur Verfügung stehe. Jelzin war in der französischen Hauptstadt zunächst so verstanden worden, daß Rußland auch die Sprengköpfe der Raketen abbauen lassen wolle.

Rußland hatte bereits 1994/95 mit den Atommächten USA und Großbritannien vereinbart, daß bei den aufeinander gerichteten Atomwaffen die Zielkoordinaten entfernt werden. Nach Angaben von Experten können die Zielkoordinaten „binnen Sekunden“ wieder einprogrammiert werden. Rußland und die USA verfügen nach dem ersten Vertrag über die Verringerung der strategischen Waffen (STARTI) noch über mindestens jeweils 6.000 Atomsprengköpfe auf jeweils 1.600 Abschußvorrichtungen an Land, auf U-Booten und in Bombern. Die Zahl liegt vermutlich bei bis zu 9.000 auf amerikanischer und bis zu 8.100 auf russischer Seite.

Auch Bundesaußenminister Klaus Kinkel äußerte sich gestern zu der Ankündigung des russischen Staatspräsidenten. Auf jeden Fall gelte, daß Jelzin die russischen Langstreckenraketen so deprogrammieren lassen wolle, daß sie nicht mehr auf Ziele der heutigen Nato-Staaten gerichtet seien. Es sei aber nicht sicher, was mit den neuen Nato-Mitgliedern würde. Auch auf taktische Nuklearwaffen und Bomben beziehe sich die Aussage wohl nicht, sagte Kinkel am Rande der Nato-Tagung in Sintra. Trotz einiger Unklarheiten begrüßte Kinkel die Erklärung. Aus ihr lasse sich in jedem Fall erkennen, daß Rußland auf die anstehende Osterweiterung des westlichen Bündnisses nicht mit einer Verstärkung seiner Nuklearmacht reagiere. Kommentar Seite 8

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