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Mieter in Billig-Eigenheime

■ LBS-Studie: 17.000 Mieter-Haushalte würden 200.000-Mark-Häuser bauen

Bauen ist in Deutschland zu teuer. Allein in Bremen würden 17.000 junge Familien ihre Mietwohnung verlassen und ein Eigenheim beziehen, wenn sie dafür nicht mehr als 200.000 Mark zahlen müßten. Das hat das Bonner Forschungsinstitut empirica in einem Gutachten im Auftrag der Landesbausparkasse (LBS) Bremen herausgefunden, das gestern vorgestellt wurde. Bei Preisen von 250.000 Mark würden immer noch 11.000 Mieter im Alter zwischen 25 und 39 Jahren den Sprung in die eigenen vier Wände wagen.

Bauwirtschaft, LBS und Politik wollen nun zusammen nach Wegen suchen, die Baukosten zu senken. Denn nur 40 Prozent der Deutschen leben im eigenen Heim, in Großbritannien sind es zwei Drittel der Haushalte, heißt es in der Studie. Gebaut wird im Durchschnitt erst mit Ende 30.

Fertigbauteile, rationellere Vorfertigung, bessere Baustellenkoordination, Verzicht auf Keller und Garagen, Endausbau durch die Bauherren, kleinere Grundstücke und niedrigere Erschließungskosten könnten nach Auffassung von Architekten Zigtausende von Mark sparen. Aber: „In Deutschland gibt es zu viele Bau-Auflagen“, klagte Jürgen Lohmann, der in Rotenburg Eigenheime für 250.000 Mark entworfen hat.

„Kostensparendes Bauen ist für Bremen ein zentrales Thema“, sagte empirica-Forscherin Dr. Marie-Therese Krings-Heckemeier. Es gebe hier nur wenige Haushalte, die mehr als 5000 Mark monatliches Netto-Einkommen hätten und sich daher teurere Häuser leisten könnten. Bereits nach zehn Jahren sei die monatliche Rate für das Eigenheim günstiger als die Miete.

Bausenator Bernt Schulte (CDU) will mit dem Angebot preiswerter Häuser innerhalb des Stadtgebietes die abwandernden Familien und ihre Steuern im Lande halten. Das ist auch das Argument der Häuslebauer-Fraktion gegen den Flächenfraß durch ausgedehnte Eigenheimsiedlungen. Wenn die Leute ins Umland ziehen, belasten sie die Umwelt durch die Pendelfahrten in die Stadt letztlich mehr.

LBS-Chef Manfred Meister sieht einen zukunftsträchtigen Markt: „Die Leute, die 400.000 Mark für ein Haus bezahlen können, die sind in Bremen versorgt.“Die Bauträger sehen die Initiative der LBS skeptisch. In Bremen seien die Spar-Potentiale am Bau schon weitgehend ausgereizt, sagte Gewoba-Chef Klaus Stadler. Die Gewoba baue heute schon für deutlich unter 2000 mark pro Quadratmeter Wohnfläche.

Michael Bongartz, Vorsitzender des Verbandes der Freien Wohnungsunternehmen, nannte die „preistreibenden kommunalen Nebenkosten wie Ausgleichszahlungen an den Naturschutz als Hauptproblem. Außerdem wollten die Leute eben keine „Billig-Häuser“. Forscherin Krings-Heckemeier hielt dem entgegen, die Kunden des 200.000-Mark-Hauses seien anspruchsloser, weil für sie die Alternative eine zumeist beengte Mietwohnung sei. Dennoch: „Bei den geltenden Vorschriften sei alles nur ein Traum“, sagte ein Bauunternehmer. Wenn die LBS junge Familien zum Hausbau ermuntern wolle, schlug ein Unternehmer vor, müsse sie nur in den ersten Jahren die Zinsen subventionieren, und später die Belastung erhöhen. jof

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