: Gold gewonnen, Geld zerronnen
■ Goldtrick entlastet Haushalt nur kurz: Einnahmen der Bundesbank sinken
Berlin (taz) – Die von Finanzminister Theo Waigel gewünschte Höherbewertung der Goldreserven wird den Staatshaushalt nur kurzfristig entlasten. Bekommt er auch schätzungsweise 20 Milliarden Mark in diesem und im nächsten Jahr in die Kasse, werden mittelfristig die Überweisungen der Bundesbank an den Bund sinken. Durch die Sonderausschüttung werden sich die Einnahmen der Bank aus den Zinsen verringern. Und weniger Überschuß der Bank bedeutet weniger Geld für den Finanzminister.
Schließlich handelt es sich um eine „Geldschaffung aus dem Nichts“, wie ein Bundesbanker sagte. Die Notenpresse wird nicht angeworfen. Dennoch verändern die alchimistischen Milliarden die Geldmenge. Das jedoch sieht die Bundesbank gar nicht gern. Schließlich betreibt sie seit Jahren eine rigide Geldmengenpolitik und versucht das frei fließende Kapital zu beschränken. Wenn nun allein in diesem Jahr aus der Goldneubewertung schon mindestens 20 Milliarden Mark mehr auf dem Markt flotieren, wird die Bundesbank den Geldhahn zudrehen. Sie wird die plötzlich aufgetretenen Milliarden über geringere Wertpapiergeschäfte mit den Banken wieder einziehen. Dadurch kassiert die Bundesbank weniger Zinsen, hat mithin weniger Einnahmen.
Den höher veranschlagten Feinunzen der Bundesbank steht zwar existierendes Gold gegenüber, das real verbuchte Geld der Bundesbank auf den Konten der Regierung muß sich die Bank beschaffen. Wirtschaftswissenschaftler befürchten, daß die Bundesbank gar nicht über 40 Milliarden Mark flüssig auf ihren Konten hat, die sie dem Bund überweisen müßte. Dann müßte sie sich die Summe bei den Geschäftsbanken leihen. Das wiederum bedeutet, daß die Bank selbst Zinsen auf die Staatsanleihen bezahlen muß. Die Einnahmen sinken also weiter, die Überweisungen an den Bund fallen in den kommenden Jahren noch geringer aus.
Dieses Szenario wäre dann endgültig nicht mehr mit dem Maastricht-Vertrag vereinbar. Der verbietet Staaten die Finanzierung des Staatshaushalts über Notenbankkredite. Indirekt handelt es sich bei Waigels Goldtrick ja um nichts anderes: Vordergründig will Waigel zwar die Schulden im Tilgungsfonds für die DDR-Erblasten senken, die ersparten Tilgungsmilliarden jedoch auf den Staatshaushalt umbuchen. Ulrike Fokken
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen