■ Querspalte
: Ordnung und Unordnung

Was ja keinen wundert: Über 100 der von Simrock gesammelten deutschen Sprichwörter handeln vom Geld („Hast du Geld, so tritt herfür, hast du keins, so such die Tür“), aber mit der deutschen Tugend „Ordnung“ – zwischen „Oportet (??) ist ein Brettnagel“ und „Die Orgel pfeift, so man ihr einbläst“ einsortiert – befassen sich erstaunlicherweise nur sechs Sprüche. Darunter ist auch der von der Ordnung, die angeblich das halbe Leben sei. Dann möchte ich aber bitte die andere Hälfte. Und nicht etwa Workshops besuchen müssen, die, wie dpa meldet, jetzt wieder für sogen. „Unordentliche“ angeboten werden und in denen ich womöglich verlerne, wie ich in meinem Chaos alles wiederfinde. Jedenfalls beinahe alles. Und manchmal was anderes. Und das macht ja den Alltag zum Abenteuer.

Neulich zum Beispiel, als ich vor meinem Küchenschrank kniete, um die Spargelzange rauszufischen – ich hatte gerade Spaghetti gekocht –, was hatte ich da in der Hand? Die Spargelzange! Ich weiß, das ist jetzt kein gutes Beispiel, aber es geht noch weiter. Die Spargelzange lag nämlich in einer Springform, was mich auf die Idee brachte, einen Apfelkuchen zu backen (kurz zuvor hatte ich mehrere Boskop im Brotkasten entdeckt, wo sie an sich nicht hingehören; der Brotkasten ist für die Rabattmarkenhefte da). Und, was soll ich sagen, kaum drei Stunden später fiel Besuch bei mir ein, und ich konnte ratzfatz einen noch warmen Apfelkuchen präsentieren. Der sah ein bißchen komisch aus (der Kuchen, nicht der Besuch), weil in der Mehlbüchse wohl irgendwas anderes als Mehl gewesen war. Schmecken tat er aber prima, auch wenn wir ihn löffeln mußten. Falls ich noch rauskriege, was in der Büchse gewesen ist, werde ich das Rezept bei der Hamburger Mopo einreichen und kann dann eine schöne Überraschung gewinnen. Diese Chance hätte ich nie, wenn bei mir immer drin wäre, was draufsteht. Der Besuch war trotzdem am Meckern, aber ich brachte ihn mit Simrock zum Schweigen: „Ordnung muß sein, sagte Hans, da brachten sie ihn ins Spinnhaus.“ Fanny Müller