: Tradition des italienischen Widerstands
■ betr.: „Fruchtloser Frontalunter richt“, taz vom 24./25. 5. 97
[...] Wovon spricht Herr Gast, wenn er schreibt „(...) In Italien fußt der Widerstand auf einer Tradition, die ihren Ursprung im Kampf gegen den italienischen Faschismus hatte. (...)“? Erstens finde ich es sehr fragwürdig, den Begriff „Widerstand“ als Bezeichnung für die Taten der Roten Brigaden zu benutzen.
Zweitens: Wenn er von „Tradition“ schreibt, bezieht sich Herr Gast sehr wahrscheinlich auf den Partisanenkampf in Norditalien 1943–45 („Le tradizioni della lotta partigiana“, von der im Italien der 70er Jahre soviel die Rede war). Der italienische Faschismus ging vom Herbst 1922 bis zum Sommer 1943. Der Partisanenkampf 43–45 war eine (von den Alliierten unterstützte) Kriegführung, die genauso verlief, wie in den meisten von Deutschland besetzten Gebieten Europas.
Der Kampf gegen den italienischen Faschismus hatte 1922–1943 ganz andere politische Formen (Formen, die außerdem nicht so anders waren als die, die Sozialdemokraten und Kommunisten im nationalsozialistischen Deutschland für sich in Anspruch genommen haben – müssen die Deutschen immer noch verleugnen, daß es auch hier Gegner des Regimes gegeben hat?) Der politische Mord war eigentlich vielmehr Eigenschaft der Gegenseite (der Fall Matteotti, die Brüder Rosselli usw.). [...]
Es gibt in dem Artikel weitere Passagen, die eine tiefergehende Beschäftigung mit dem Thema verdient hätten (daß die Colonna Walter Alasia nicht nur leitende Ingenieure entführt, sondern nebenbei ein paar Journalisten erschossen habe, ist vermutlich nicht der Rede wert), aber man kann nicht zuviel verlangen.
Zur redaktionellen Gestaltung (und ich entschuldige mich für den Sarkasmus, ich kann ihn nicht lassen): Das nette Foto im Zentrum des Artikels erzählt eine Menge über die „italienische Tradition des bewaffneten Kampfes“. Zur Information: Als Peci als Kronzeuge auspackte, um ein „Zeichen zu setzen“, rächten sich die „Widerstandskämpfer“; da er unauffindbar war (wie es bei Kronzeugen meist der Fall ist), wurde sein Bruder (der nichts mit bewaffnetem Kampf am Hut hatte) erschossen; in bester Tradition der Mafia. Die Tat löste damals sogar in den linksextremistischen Kreisen Entsetzen aus. Ist es legitim, ein paar Jahre später dieses Fotos kommentarlos zu veröffentlichen? Silvana Rath, Berlin
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