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Cardoso soll geschmiert haben

■ Um im nächsten Jahr wiedergewählt werden zu können, war Brasiliens Staatspräsidenten jedes Mittel recht

Rio de Janeiro (taz) – Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso darf im nächsten Jahr für eine weitere Amtszeit kandidieren. Schon am Montag hatte das Abgeordnetenhaus die notwendige Verfassungsänderung abgesegnet, am Mittwoch stimmte nun auch der Senat zu. Ein politischer Erfolg, aus dem Cardoso angschlagen hervorgeht: Denn seine rechte Hand, Informationsminister Sergio Motta, hat gemäß veröffentlichten Gesprächsmitschnitten je rund 300.000 Mark in bar an Abgeordnete auszahlen lassen, damit sie der Wiederwahl des Staatschefs zustimmen. Um unangenehmen Befragungen zu entgehen, entfleucht Motta, der mit Cardoso eine Großfarm führt, in Portugals Wallfahrtsort Fatima, zündet für seinen Intimfreund eine Kerze an, läßt sich vom dortigen Bischof segnen.

Seit Mitte Mai der „Megaescandalo“ platze, wird in Brasilia nahezu mit allen Mitteln für und gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß gefochten: Nur einen Tag brauchte die Opposition, um die für einen dringlichen Ausschuß notwendigen Parlamentarier-Unterschriften zusammenzubekommen, weil auch zahlreiche Leute des Regierungslagers unterzeichneten.

Am nächsten Tag war die Liste unbrauchbar, weil Cardoso Dutzende seiner Leute in den Palast zitierte und mit Druck und Drohungen zur Rücknahme aufforderte. Weil inzwischen völlig offen ist, ob und wann ein Untersuchungsausschuß zustande kommt, reagierte die Zivilgesellschaft zornig. Studenten blockierten Innenstädte, Demonstranten lieferten sich Straßenschlachten mit der Militärpolizei, eine Menschenmenge rief Cardoso sogar im Chor „Dieb, Dieb, Dieb!“ entgegen.

Das ist ebenso neu wie des Staatschefs jäh abfallende Popularitätskurve. Am unangenehmsten aber für ihn, daß nun auch die „Bewegung für Ethik in der Politik“ auf den Plan tritt, den Untersuchungsausschuß ebenso wie das Eingreifen der bisher passiven Justiz verlangt. Die Bewegung, zu der die Bischofskonferenz, die Anwaltsvereinigung und auch die Gewerkschaften gehören, trommelte 1992 für das Impeachment des damaligen Präsidenten Collor de Mello, der schließlich wegen Korruption und Machtmißbrauch abgesetzt wurde. Im wirklich allerschlimmsten Falle droht jetzt Cardoso dasselbe, betonen die Leitartikler.

Im Stimmenkaufskandal sind bislang nur die Bestochenen, nicht aber die Bestecher dran: Jene zwei Abgeordneten, die Geld annahmen und alles ausplauderten, wurden aus ihrer zur Regierungsallianz gehörenden Rechtspartei PFL ausgeschlossen, gaben die Mandate zurück. Gegen drei von ihnen genannte Geldempfänger läuft ein Kassationsverfahren. Und Cardoso-Intimus Sergio Motta bleibt noch auf unbestimmte Zeit in Europa. Patricia Sholl

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