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Mit den Kita-Gebühren auf du und duGericht mit Bedenken

■ Hoher Verwaltungsaufwand und Mängel beim Datenschutz

Werden die umstrittenen Bremer Kita-Gebühren durch die Gerichte gekippt? Große Bedenken äußerte gestern das Oberverwaltungsgericht gegen die Gebührenordnung für Kindergärten und Horte. Die Richter beanstandeten eine Verletzung des Datenschutzes und einen überzogenen Verwaltungsaufwand bei der Gebührenberechnung. Eine Entscheidung des Gerichts wird allerdings frühestens in 14 Tagen erwartet.

Gegen die erhöhten Kita-Beiträge hatten im Herbst 1996 fünfzehn Familien geklagt. Ihre Kosten für einen Kita-Platz seien teilweise um fünfzig Prozent gestiegen, so der Klage-Vertreter Dierk Pohl. Dies bedeute eine unzumutbare Belastung für die Haushalte. Die Staffelung der Beiträge verletze den Gleichheitsgrundsatz: „Eltern mit mittlerem Einkommen verdienen nicht einmal das Doppelte der Wenigverdiener und zahlen das Zwölffache. Ein absurdes Verhältnis“, so Pohl.

Der Vertreter der Stadtgemeinde, Regierungsdirektor Gunter Treber, mußte sich auch von den Richtern Bedenken anhören. Mit der neuen Gebührenordnung seien neun von zehn Eltern gezwungen, dem Amt für soziale Dienste zwecks Beitragsberechnung ihre Einkommensverhältnisse offenzulegen. Wäre es nicht effektiver, so fragte das Gericht, wenn statt aufwendiger Einzelberechnungen pauschale Einkommensgruppen gebildet würden? Bedenklich fand das Gericht auch die Festsetzung der Mietausgaben – eine Basis für die Berechnung der Kita-Gebühren. Bei einem Vier-Personen-Haushalt wird beispielsweise von 835 Mark Miete ausgegangen. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müsse aber von der tatsächlichen Miete ausgegangen werden.

Mit der Gebührenerhöhung wollte die Sozialsenatorin den Beitrag der Eltern für die Kosten der Kindergärten von 13 auf 15 Prozent aufzustocken. Zwar wird dieses Ziel voraussichtlich erreicht - die vom Sozialressort erwarteten fünf Millionen Mark Mehreinnahmen pro Jahr aber kommen trotzdem nicht zusammen. In den ersten fünf Monaten des laufenden Kindergartenjahres gab es gerade mal zusätzliche Einnahmen von 700.000 Mark. Für diesen Widerspruch hatte Regierungsdirektor Treber keine Erklärung. Vermutung der Kläger: Hier schlage schon die zurückgegangene Zahl der Anmeldungen zu Buche. Seit Einführung der neuen Beiträge gingen die Anmeldungen der Familien, die als Besserverdienende den Höchstbetrag zahlen, um drei Prozent zurück. „Die Kuh, die man melken könnte, läßt man in gewerbliche Kindergärten abziehen“, so Rechtsanwalt Pohl. „Das führt über kurz oder lang zu einer sozialen Entmischung, die ich für sehr unglücklich halte“, sagt Helgard Stuckmeier, eine Antragstellerin. ritz

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