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Tobias O. Meißner las aus seinem Buch "Starfish Rules" im Roten Salon

Nachschlag

Tobias O. Meißner las aus seinem Buch „Starfish Rules“ im Roten Salon

Glaubt man dem Spiegel, hat die deutsche Literatur mit Tobias O. Meißner mal wieder einen richtig unangepaßten, wilden und dazu noch talentierten Autor. Als „Kultautor“ und „Szeneheld“ hat man den 29jährigen Berliner gefeiert. Viel schiefgehen dürfte da ja eigentlich nicht mehr: ein Ruf, viel Ehr, wobei die angekündigte „Lesung mit Musik“ – Meißner läßt sich von einem DJ begleiten – zusätzlich Erwartungen weckt, daß hier einer Pop und Literatur auch szenisch adäquat zu verquicken versteht. Im spärlich gefüllten Roten Salon ist die Atmosphäre jedoch eher gedämpft und gediegen.

Eine Lesung für Freunde und Bekannte, so scheint es, als Meißner sich den „zwei, drei Leuten, die mich nicht kennen sollten“ vorstellt. Er liest drei Kapitel, jeweils unterbrochen von einem HipHop- Track. „Starfish Rules“ ist keine stringente Erzählung, das Buch läßt sich, Meißner kündigt das vorher an, nicht schnell in drei, vier Sätzen zusammenfassen. Zu durcheinander, zu kompliziert geht es zu, zuviel Pulp, zuviel Fiction, zuviel Wahn. Meißner und sein Verlag lassen da schon mit der Aufmachung keinen Zweifel aufkommen: Bis auf Cover und Rücken ist jede Seite vollgeschrieben, die fünfzig Kapitel sind mit den verschiedensten Schrifttypen bedruckt, und mehrmals muß man das Buch zum Lesen wie eine Zeitung halten.

„Starfish Rules“ ist ein chaotisches und phantastisches Splattermovie, das den Leser vermeintlich in das Amerika der Jahre 1937 bis 1939 führt: Jimi Hendrix lebt, Robert Johnson ist in Würde gealtert, auch das Album „Pornography“ von The Cure existiert schon. Es gibt diverse Machtsysteme (SanguiNet, Sinking), indianische und afroamerikanische Widerstandsbewegungen sowie Einzelkämpfer, die mit Robin Hood genausoviel gemein haben wie mit Charles Manson. Hat man beim aktiven Lesen des öfteren die Schnauze voll von immer wieder neuen Figuren, Schauplätzen, Schlenkern und natürlich Schrifttypen, so läßt man sich beim Zuhören gern und voller Lust in Meißners Fantasyland entführen. Doch erst die Verpackung macht's. Mit „Block Rockin' Beats“ von den Chemical Brothers endet die Lesung, und wahrlich: Dieser Song ist in Sound und Text die ideale Entsprechung zu „Starfish Rules“. Gerrit Bartels

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