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Sparen vor und nach dem Beitritt zum Euro

■ Debatte über Kriterien zur Währungsunion geht weiter – Uneinigkeit auch innerhalb der CDU/CSU. Mittelstand und Banken: lieber später als weicher

Hamburg (dpa) – Die Mikrofone in Bonn kannten wieder kein Wochenende angesichts der vielen Interviews von Politikern der sogenannten ersten Garde zum Thema Euro. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) beharrt in der Diskussion über die Auslegung des Maastricht-Vertrages auf einer strikten Einhaltung der Defizitkriterien für den Euro-Start 1999. In einem vorab veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtensender n-tv äußerte er sich am Sonntag „optimistisch“, daß Deutschland die Bedingungen für den Euro erfüllen könne. Angesichts der Sparanstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden sei er „überzeugt, daß wir die 3,0 schaffen“, sagte Waigel mit Blick auf die Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Auch der Vorsitzende der Bonner Unionsfraktion, Wolfgang Schäuble (CDU), beharrte auf der Einführung des Euro Anfang 1999 und dem Defizitkriterium von drei Prozent. „Wir haben immer gesagt, die Kriterien sind streng zu interpretieren“, sagte Schäuble der Berliner Zeitung vom Samstag.

Dagegen sagte sein Stellvertreter Heiner Geißler (CDU): „Man darf weder die Entscheidung über den Euro davon abhängig machen, ob hinter dem Komma eine Null oder eine Zwei steht, noch Steuererhöhungen ausschließen, die angeraten wären.“ Er setze auf die „Rückkehr zur Vernunft – auch bei der FDP“, sagte er dem Kölner Sonntag-Express. „Die Schmerzgrenze für eine weitere Zusammenarbeit wäre erreicht, wenn die Manövrierunfähigkeit, in die uns die FDP gebracht hat, dazu führen würde, daß der Euro-Zeitplan wegen Deutschland verändert werden müßte.“

Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) stellte den Termin, aber nicht das Kriterium in Frage. „Ob die dritte Stufe der Währungsunion pünktlich zum 1. Januar 1999 kommt, muß sich erst noch zeigen. Stabilität geht vor Zeitplänen.“

Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Horst Köhler, warnte ebenso wie der Vorsitzende der CDU/CSU- Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, davor, beim Euro den Termin wichtiger zu nehmen als die Qualität. Die Europäische Währungsunion dürfe nicht um jeden Preis im Jahre 1999 beginnen.

Nach Ansicht des Präsidenten des Bundesverbandes deutscher Banken, Martin Kohlhaussen, wäre eine deutsche Netto-Neuverschuldung von 3,2 oder 3,3 Prozent durchaus akzeptabel. Viel wichtiger als das Ausmaß der Neuverschuldung 1997 sei eine nachhaltige Stabilitätspolitik in den Jahren nach der Einführung des Euro, sagte Kohlhaussen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er hoffe, daß sich Waigel „von seinem Ziel einer Punktlandung noch ein wenig wegbewegt“.

Interview Seite 5

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