■ Was passiert, wenn die Studis merken, daß Bafög Mist ist?: Aber jetzt muß es anders werden
Bafög, dieser knickrige Obolus für Bettelstudenten, ist einfach blöde. Was dereinst Willy Brandts „Bildung für alle“ sozial unterfüttern sollte, hat diesem Anspruch nie wirklich gerecht werden können. In den Genuß des Studienzuschusses kamen stets zu wenige (damals 45 Prozent, derzeit noch mickrige 15 Prozent der Studierenden), meistens die Falschen (Unternehmersöhne sacken ein, Mittelstandskinder kriegen's nicht). Und alle Jahre wieder wird um die lächerlichen sogenannten Novellen mit ritualisierter Härte gestritten. Alles wie gehabt also, wenn Gewerkschaftsbund, Studentenwerk und Rektorenkonferenz parallel zur Sozialdemokratie eine grundlegende Reform einklagen? Werden sie sich am Ende wieder mit drei Prozent mehr Höchstsatz und einer Anhebung der Freibeträge begnügen? Nein, denn die Situation ist inzwischen eine andere.
Noch vor sechs Jahren haben die westdeutschen StudentInnen nicht begreifen wollen oder können, wieso ihre OstkommilitonInnen vor der Volkskammer so heftig für ihr elternunabhängiges Grundstipendium stritten. Heute liegt ein solcher Vorschlag auf dem Tisch, und auch eine Reihe von Christdemokraten ist sich nicht mehr zu schade, dem zuzustimmen. Studierem muß unabhängig davon möglich sein, wie hoch das Elterneinkommen ist, das heißt, jeder hat ein Recht auf Studienförderung, wenigstens auf einen Sockelbetrag, der nach bestimmten Kriterien aufzustocken ist. Wer auf diesem Sockel noch ein paar Märker mehr bekommt, muß erst noch geklärt werden. Der Streit darüber hat begonnen. Auf jeden Fall ist man weiter als noch vor ein paar Jahren.
Bafög für alle, das ist inzwischen freilich nicht mehr nur aus sozialen Gründen notwendig. Ohne die Stipendienfrage zu beantworten, wird nämlich die Universitätsreform an Haupt und Gliedern nicht gelingen. Und an den Unis scheint nichts zu bleiben, wie es ist. Landauf, landab werden Studiengänge durchforstet, Hochschulgesetze kassiert, Experimente mit neuen Paritäten in den Selbstverwaltungsgremien der Unis begonnen. Die 1,8 Millionen Studierenden sind da nicht allzu stark beteiligt. Noch. Aber auch sie, die schlummernde Avantgarde, wird Mitsprache bei den Studien- und Universitätsreformen einfordern. Und sie wird merken, daß in Hörsälen, Labors und Seminaren alles, aber auch alles anders wird, außer einem: daß das bestehende Bundesausbildungsförderungsgesetz einfach blöde ist. Christian Füller
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