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Privatisierung des SEZ noch auf dem trockenen

■ Vertrag mit Münchner Dibag GmbH als Investor vom Senat abgelehnt: Privatisierung bringt dem Land statt finanzieller Entlastung zusätzliche Kosten

Im Sport- und Erholungszentrum (SEZ) an der Landsberger Allee bleibt vorerst alles beim alten. Der Senat vertagte nach monatelangen Verhandlungen und gegen den Willen der Finanzverwaltung am Dienstag erneut seine Entscheidung. Die Privatisierung bringe dem Land nicht die erhofften Einsparungen von rund 12 Millionen Mark jährlich, wurde argumentiert. Statt dessen drohe der Verkauf des 5,6 Hektar großen Areals – dessen Wert auf mehr als 22 Millionen Mark beziffert wird –, mehrere Millionen Mark zusätzlich zu kosten.

Laut Vertragsentwurf sollte das Münchner Industriebauunternehmen Dibag GmbH als künftiger Investor die Einrichtung für den symbolischen Preis von einer Mark übernehmen. Fünf Millionen Mark hätte anschließend allein die Sportverwaltung berappen müssen. Ein Zuschuß an die Dibag für erhebliche Verluste nach der Übernahme, wie es hieß. Weitere 14 Millionen Mark wären auf das Land zugekommen, meinte Staatssekretär Klaus Löhe, falls nach der Privatisierung keiner der 228 SEZ- Mitarbeiter zur Dibag hätte wechseln wollen. Ein Szenario, so SEZ- Personalratschef Dieter Müller, das bei der Belegschaft durchaus im Gespräch war. Doch selbst wenn, wie im Vertrag vorgesehen, 130 Beschäftigte künftig unter privatwirtschaftlichen Bedingungen arbeiteten und 50 weitere über die Dibag mit neuen Jobs versorgt worden wären – die verbleibenden Mitarbeiter hätten ihre Gehälter und voraussichtlichen Abfindungen weiterhin aus der Senatskasse bezogen. Grund genug für die Innenverwaltung, den Vertrag ebenfalls nicht zu billigen und derweil schon einmal zu prüfen, inwieweit betriebsbedingte Kündigungen möglich sind.

Nicht zuletzt hätte selbst jene Variante gut acht Millionen Mark Kosten verursacht, bei der alle SEZ-Mitarbeiter zur Dibag gewechselt wären. Dazu sollte laut Vertrag das Land für ein Jahr die Personalkosten für bis zu 41 Angestellte und im Falle von Kündigungen auch deren Abfindungen übernehmen. Für Staatssekretär Löhe ein unakzeptabler Entwurf. „Wir wurden nicht einmal in die Verhandlungen einbezogen, sollen aber sämtliche finanziellen Kosten nach dem Übergang zahlen.“

Unzufrieden mit dem Privatisierungsvorschlag zeigte sich auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Sie sollte mit ein bis drei Millionen Mark zur Kasse gebeten werden, falls die Dibag bei ihren Umbauten auf Schadstoffe im Boden gestoßen wäre. Das SEZ sei auf einer Schutthalde errichtet worden, wurde argumentiert. Und Umbaupläne hegt das Industriebauunternehmen keine geringen. Ein Sportkaufhaus und ein Parkhaus mit 700 Stellplätzen sollen entstehen – Planungen, denen bereits der Bezirk Friedrichshain einen ersten Riegel vorgeschoben hat. Die BVV beschloß Festlegungen zum Bebauungsplan, wonach das SEZ in seiner existierenden Form zu erhalten ist. Inwieweit der Bezirk sich damit durchsetzen kann, ist jedoch fraglich, da dem Senat im Interesse des Investors letztlich immer die Möglichkeit bleibt, das Bebauungsplanverfahren an sich zu ziehen.

Im Abgeordnetenhaus verwunderte die nicht getroffene Entscheidung nur wenig. „Die Geheimdiplomatie, mit der Fugmann-Heesing verhandelte, konnte zu keinem vernünftigen Ergebnis führen“, sagt die PDS- Abgeordnete Sieglinde Schaub. Der Senat solle nun die Chance nutzen und noch einmal grundsätzlich darüber befinden, ob die Privatisierung sinnvoll sei oder ob eine Übernahme durch die Bäderbetriebe als Anstalt öffentlichen Rechts nicht der beste Weg wäre.

Die Dibag GmbH selbst wollte das „Vorgehen einer Landesregierung“ nicht kommentieren. „Wir sind guter Hoffnung, daß der Vertrag doch noch auf den Weg gebracht wird“, äußerte Dibag-Sprecher Peter Renger mit Blick auf die nächsten Senatsgespräche am 24. Juni. Von Nachverhandlungen sei bislang nicht die Rede gewesen. Kathi Seefeld

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