: „Man muß immer wieder sagen: Da bin ich!“
■ Elke Olizeg ist Gleichstellungsbeauftragte beim Ostdeutschen Rundfunk. In ihrer Amtszeit hat sich der Frauenanteil in den oberen Etagen spürbar erhöht
Seit 1.1.1992 arbeitet Elke Olizeg als Gleichstellungsbeauftragte beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (ORB) in Potsdam- Babelsberg. Sie berichtet über ihre Anfänge und ihre Erfolge:
Ich war Personalratsvorsitzende in der Abwicklungszeit des alten DDR-Hörfunks, vorher war ich in der dortigen Betriebsakademie für Lehrlingsausbildung zuständig. Nach der Abwicklung hatte ich mich beim ORB beworben und dabei erwähnt, daß ich mich auch für Frauenproblematik interessiere. Eingestellt wurde ich dann als Aus-, Fortbildungs- und Gleichstellungsbeauftragte.
Für Leute aus der DDR war diese Gleichstellungsbeauftragte eine völlig nebulöse Geschichte. Wenn ich hier von Anfang an als Nur-Gleichstellungsbeauftragte angetreten wäre, dann wäre das bei meinen Kolleginnen und Kollegen auf völliges Unverständnis gestoßen. Kein Mensch in diesem Sender hätte eingesehen, daß man eine Frau braucht, die den ganzen Tag nichts anderes macht, als Frauen gleichzustellen.
Noch im Gründungsjahr wurde die Dienstanweisung des Intendanten zur Gleichstellung in Kraft gesetzt, wonach ich darauf zu achten hatte, daß Frauen bei Einstellungen nicht benachteiligt werden. Nur, als ich am 1. Januar 1992 anfing, war das Gros der Einstellungen schon gelaufen.
In den ersten Jahren kamen die Frauen meistens erst zu mir, wenn das Kind schon im Brunnen lag. Ich mach's mal konkret: Eine Frau wendet sich an mich und erzählt, daß sie vor einem Jahr ein Gespräch mit ihrem Chef hatte, der ihre Arbeit einschätzte und ihr vorschlug, sie eine Gehaltsgruppe tiefer einzuordnen. Sie hatte alles eingesehen und einer Umgruppierung zugestimmt. Was kann ich da ein Jahr später noch machen?
Nur, das Witzige daran ist, solche Sachen passieren fast ausschließlich Frauen. Plötzlich stellt man fest, daß sie völlig falsch eingruppiert waren. Ich erinnere mich nicht an einen Fall, daß dies einem Mann passiert ist. Und das ist das Problem. Viele Frauen brauchen einfach mehr Selbstbewußtsein und neigen dazu, von vornherein zu sagen: Ja, sehe ich ein, ich bin nicht so toll. Inzwischen kommen die Frauen zum Glück rechtzeitiger zu mir.
Eine Doppelfunktion stärkt Gleichstellungsbeauftragte
Gut finde ich bei mir die Kombination Aus- und Fortbildung, weil eine Gleichstellungsbeauftragte, die gleichzeitig für Aus- und Fortbilung zuständig ist, mehr darauf achtet, daß Aus- und Fortbildung von Frauen ebenso genutzt wird wie von Männern. Dazu ein Beispiel: Ein Kollege hat eine Fortbildung beantragt, ich habe dazu eine Rückfrage, erreiche jedoch nicht ihn, sondern seine Kollegin, die ich frage, warum sie diese Fortbildung nicht auch beantragt hat. Ihre Antwort: Das wurde doch gleich im Vorfeld abgeschmettert. Im Vorfeld wurden zunächst beide Anträge „abgeschmettert“, nur, der Kollege ist hartnäckig geblieben und hat die Fortbildung erneut beantragt – und er hat sie bekommen. Sie hat sich daraufhin zu einem Gespräch bei mir angesagt. Man muß also bei jeder Gelegenheit transportieren: Mädels, laßt euch nicht alles gefallen! Wenn ihr Probleme habt, kommt zu mir!
Bei Einstellungen versuche ich schon in der Vorphase Einfluß zu nehmen. Wenn zum Beispiel in einem Bereich durch Krankheit und Urlaub befristete Einstellungen notwendig werden und für diese befristeten Stellen immer nur Männer im Gespräch sind, rufe ich schon mal den Hauptabteilungsleiter an und frage: „Gibt es da nur Männer, oder kennen die Männer wieder mal nur Männer?“ Und da sagt er: „Aber Sie wissen doch, und im Prinzip bin ich ja immer für die Frauen..., aber es gibt so wenige in dieser Berufsgruppe...“ – also die üblichen Sprüche. Dann sage ich, vielleicht sollte man mal an der Hochschule gucken: Wie viele Frauen gibt es denn in diesem Bereich? Und was bleibt ihm dann noch übrig, als zu sagen, ja, das sei eine gute Idee.
Es ist natürlich eine mühselige Arbeit. Man muß sich immer wieder in Erinnerung bringen und immer wieder sagen: Da bin ich! Sonst geht alles ganz schnell verloren.
In die Einstellungsverfahren werde ich als Gleichstellungsbeauftragte einbezogen, ich sehe die Ausschreibungen vorher und habe darauf zu achten, daß dieser berühmte Satz „... und sind wir besonders an Frauen interessiert...“ auch drinsteht. Seit Sommer 94 werde ich auch zu Bewerbungsverfahren eingeladen – eine Auswirkung des Landesgleichstellungsgesetzes –, vorher ist kein Mensch auf die Idee gekommen. Wenn die Gefahr besteht, daß da wieder ein Mann reingeschoben werden soll, melde ich mich an.
Ein Vetorecht habe ich. Aber die endgültige Entscheidung fällt der Intendant. Der ist natürlich nicht begeistert, wenn die Gleichstellungsbeauftragte nein sagt. Da versucht man immer, einen Kompromiß zu finden.
Außerdem will der Intendant die Gleichstellung auch. Die Erfolge auf diesem Gebiet kann ich mir als Gleichstellungsbeauftragte nicht allein anheften. Und Erfolge gibt es: Als ich 1992 anfing, hatten wir beim ORB einen Frauenanteil von 40 Prozent, jetzt liegt er bei 51 Prozent. In der obersten Ebene des erweiterten Direktorats haben wir einen Frauenanteil von immerhin schon 23 Prozent. Der ORB hat inzwischen eine Kulturchefin beim Fernsehen, eine stellvertretende Chefredakteurin bei Radio Fritz und eine Hörfunkdirektorin. Aufgezeichnet von Barbara Debus
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