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Nicht in den See pinkeln und Enten füttern!

■ Hamburger Sommervergnügen bringt den Öjendorfer See auf den Hund Von Heike Haarhoff

Ziemlich mies geht es dem Öjendorfer See in Billstedt: Hundescheiße, Entenkot und Badegäste, die ins Wasser statt aufs Klo gehen, verschmutzen den See so sehr, daß das zuständige Bezirksamt Mitte seit mehreren Jahren jeden Sommer ein Badeverbot für das beliebte Naherholungsgebiet verhängt.

Dieses „Spielchen“ will Hans-Günther Eßler, CDU-Bezirksabgeordneter in Mitte, nicht länger untätig mitansehen. „Die Hunde müssen an die Leine, ein Feld- und Wiesenwart muß her, und die unzähligen Enten gehören – bei aller Tierliebe – abgeschossen“, fordert der Christdemokrat und stellte vorige Woche in der Bezirksversammlung den Antrag, die Verwaltung möge ein „umfassendes Konzept“ vorlegen, damit die gröbsten Mißstände möglichst vor Beginn der nahenden Badesaison abgebaut werden.

Die Wasserqualität müsse gesichert, sanitäre Einrichtungen und Mülleimer aufgestellt, die Verkehrsanbindung verbessert und jegliches Getier, ob vierbeinig oder gefiedert, aus dem Revier der Badenden verschwinden. Die Fraktionen der Bezirksversammlung unterstützen Eßlers drastische Forderungen, doch deren Umsetzung gestaltet sich schwierig: „Das ist schlicht nicht machbar“, bedauert der Gartenbauabteilungs-Leiter im Bezirksamt Mitte, Fritz Hamann. Ein Wärter könne unmöglich „10 000 Gäste überwachen, die an schönen Wochenenden zum See kommen.“ Und: „Wir können keine Garantie für eine Badewasserqualität wie im Schwimmbad geben.“ Schuld an der Verschmutzung seien in erster Linie die Leute, die dort ihre Freizeit verbringen: „Solange die nicht aufhören, in den See zu pinkeln und die Enten zu füttern, kriegen wir das Problem nicht in den Griff.“ Das „Problem“ des Öjendorfer Sees sind vor allem Nährstoffe, die im Kot enthalten sind und die – in großen Mengen ins Wasser geschwemmt – das Algenwachstum rapide anregen.

Zudem lagern auf dem Seegrund ungeahnte Mengen Stickstoff aus Zeiten, als der 45 Hektar große Öjendorfer See ein Karpfenteich war, dessen Wasser jeden Herbst zum Fischfang abgelassen und danach mit nährstoffreichem Wasser aus landwirtschaftlichen Gebieten wieder aufgefüllt wurde. Vorzügliche Lebensbedingungen für Wasseralgen: Mit einer durchschnittlichen Tiefe von zwei Metern ist er ein relativ flaches Gewässer, das von Sonnenstrahlen bis fast auf den Grund durchflutet wird. Folge: Sobald es warm wird, wuchern die Algen fröhlich vor sich hin, sterben schließlich ab und sinken auf den Boden. Faulgase entstehen, der See droht zu kippen. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, überlegt die Gartenbauabteilung, bestimmte Wasserpflanzenarten in diesem Sommer einfach abzumähen.

Vereinzelt klagen Badegäste bereits über Hautreizungen. „Viel gefährlicher ist, wenn man wegen der vielen Algen nicht mehr auf den Grund sehen kann“, sagt Hamann. Wer dann ertrinke, könne nicht mehr rechtzeitig gesehen werden.

Für das nächste Jahr verspricht die Umweltbehörde ein Gutachten, das ermitteln soll, woran es dem Öjendorfer See fehlt. „An Hunden und Enten bestimmt nicht“, ahnt Eßler schon jetzt das Ergebnis.

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