piwik no script img

„Fall Stradivari“hat Nachspiel für Radio Bremen

■ Fernsehteam soll ohne Erlaubnis in der Wohnung des Angeklagten Vasile D. gefilmt haben / Rundfunkrat und Datenschutzausschuß sollen Hausfriedensbruch-Vorwürfe klären

Der „Fall Stradivari“wird zum Fall für den Datenschutzausschuß der Bremischen Bürgerschaft und den Rundfunkrat von Radio Bremen. Die Gremien sollen jetzt die Frage klären, ob durch die Anfang Juni in der ARD ausgestrahlte Reportage die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten Vasile D. verletzt wurden und ob sich die ermittelnden Polizeibeamten der Beihilfe bzw. Anstiftung zum Hausfriedensbruch schuldig gemacht haben.

Außerdem prüft das Hamburger Anwaltsbüro Senfft und Partner, das auf Rechtsstreitigkeiten mit Presseorganen spezialisiert ist, ob die nochmalige Ausstrahlung der Reportage am 23. Juni auf 3Sat mit einer einstweiligen Verfügung verhindert werden kann.

Wie berichtet, ist der Musikstudent Vasile D. wegen Anstiftung zum Raub mit Todesfolge angeklagt. Er soll seinen bekannten Marin B. angestiftet haben, der Professorin Maria Grevesmühl eine Stradivari-Violine im Wert von zwei Millionen Mark zu rauben. Grevesmühl war bei dem Überfall im Oktober vergangenen Jahres eine Treppe heruntergestürzt und dabei ums Leben gekommen.

Vasile D. wurde kurz darauf festgenommen. Sein Bekannter Marin B. hatte ihn schwer belastet. D. bestreitet die Tat. Er ist zwischenzeitlich aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das Landgericht hielt die Aussage von Marin B. für unglaubwürdig.

In der Reportage „Der Fall Stradivari“hatte Radio-Bremen-Redakteur Dirk Blumenthal die Ermittlungen der Mordkommission begleitet. Blumen-thal filmte im Schlafzimmer von Vasile D. ebenso wie im Sektionsraum der Gerichtsmedizin, in dem Maria Grevesmühl obduziert wurde.

Da Vasile D. nichts von den Filmaufnahmen in seiner Wohnung wußte, hat Blumenthal unter Umständen Hausfriedensbruch begangen. Die Polizeibeamten, die das Filmteam bei der Durchsuchung in die Wohnung gelassen haben, hätten sich der Beihilfe bzw. Anstiftung zum Hausfriedensbruch schuldig gemacht.

Der Bremer Galerist Chris Steinbrecher hat sich zwischenzeitlich auch an den Deutschen Presserat gewandt. Dort habe man ihm bestätigt, daß die volle Namensnennung der beschuldigten Privatperson gegen die Richtlinie des Presserates verstoße, so Steinbrecher.

Der Presserat ist allerdings nur für Printmedien zuständig. Steinbrecher wandte sich daraufhin an den Rundfunkrat.

Die Staatsanwaltschaft hat zwischenzeitlich gegen Vasile D. Anklage erhoben. Ob die Anklage gegen ihn zur Hauptverhandlung zugelassen wird, ist allerdings noch nicht entschieden. Das Landgericht hatte die Aussage von Marin B., auf die sich die Anklage stützt, für unglaubwürdig erachtet und D. aus der Untersuchungshaft entlassen. kes

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen