: Immer eine gute Suppe
Als wäre es das Maggi-Kochstudio: Im Kochkurs der MDR-Ratgebersendung Telethek wird öfter mal Schleichwerbung à la carte serviert ■ Von Georg Löwisch
Horst in Wartestellung, Friederun wie immer gedehnt, als ob sie zu Kleinkindern spräche: „Und dann schneiden wir die Aubergiiinen in sooo Scheiiiben“. Und zu Horst: „Jetzt kommst du mit deiner feiiinen Streuwürze, da werden die mit Streuwürze bestreut“. Schnitt – die Kamera fährt zu Horsts Hand, darin die rot-gelbe Streuwürzdose von Maggi. „Und zwar ist das eine schöööne Grundwürzung, eigentlich für alles: für Suppen, Soßen, Fleisch, Gemüse.“
Der Kochkurs von Horst und Friederun in der Ratgebersendung „Telethek“ ist nichts für Gourmets. Wo Alfred Biolek Trüffel hobelt und Christiane Herzog „Schweinsbraten Bellevue“ serviert, greift man im Dritten Programm des MDR am liebsten zu Fertigprodukten. Unentwegt rieseln die Gewürzmischungen aus Tüten und Dosen – als wär's das Maggi-Kochstudie.
Beim MDR störte das bisher niemanden, doch durch einen unglücklichen Zufall gerieten Friederun und Horst unter Verdacht. Im April hatten sich Reporter des ARD-Magazins „Plusminus“ undercover bei der TV-Firma Connex erkundigt, ob es möglich sei, Schleichwerbung in der „Telethek“ zu plazieren, was die Produktionsfirma bejahte und die Preise gleich mitlieferte. Um nachzuprüfen, ob in der halbstündigen Ratgeber-Sendung tatsächlich Connex-Beiträge ausgestrahlt werden, saßen die Journalisten eine Woche lang vor dem Bildschirm – ohne allerdings Schleichwerbung in Connex-Stücken zu finden. Dafür ertappten sie das volkstümliche Küchen-Duo, das just in jener Woche ausgiebig eine Spezial-Pflanzencreme von Biskin anpries. Ob bei Spitzkohlröllchen oder Spinatgnocchi – immer vereinten sich „die praktischen Handhabungen von Öl und Pflanzenfett und dem reinen Buttergeschmack: ganz was Köstliches!“
In den Redaktionen des MDR horchte man anläßlich der Beschuldigungen auf, und vielleicht werden sogar die Rundfunkräte Friederuns und Horsts Kochkünste bestaunen, wenn das Thema Schleichwerbung im heutigen Fernsehausschuß auf der Tagesordnung steht. Freilich haben die MDR-Verantwortlichen offiziell nichts auszusetzen. Die Art der Darstellung habe zwar „etwas übertrieben“ gewirkt, räumt Martin Kröber, zuständiger Referent im Justitiariat, ein, aber: „Die Grenze zur Schleichwerbung war für mich noch nicht überschritten.“
Auch Hobby-Koch Horst Tempel, der die Sendung nicht nur comoderiert, sondern sie dem MDR auch als Produktionsleiter verkauft, sieht sich zu Unrecht verdächtigt. Der vom WDR stammende „Plusminus“-Beitrag habe politische Hintergründe. Es gehe nicht um Schleichwerbung, sondern darum, „daß etwas ausgefochten wird zwischen dem WDR und dem MDR“. Daß man sich innerhalb der ARD „so ans Bein pinkelt“, versteht Tempel nicht. Im Kochstudio würde lediglich „das Thema Warenkunde verbraten“. Und eine Pflanzencreme habe es schließlich „im deutschen Haushalt“ bisher nicht gegeben.
Offenbar gehört auch das Herzeigen der „ganz tollen Ideen für die fixen, kleinen, schönen Gerichte“ von Maggi zur „Warenkunde“. Schließlich müssen die Zuschauer ja lernen, daß die richtige Würze für die Gemüse-Pfanne aus der Fix-Tüte kommt. Schließlich könne diese Nuancen eigentlich niemand selbst würzen, wie Friederun erklärt, „denn wir sind ja nun nicht im Balkan zu Hause, sondern in Deutschland“.
Zwar wird der Name „Maggi“ im MDR-Kochstudio nie genannt, aber jeder wird die rot-gelben Tüten im Supermarkt wiedererkennen. Zur Sicherheit verschenken Horst und Friederun einmal im Monat einen Präsentkorb für das schnellste Zuschauerrezept, aus dem neben ein paar Hundertmarkscheinen gut sichtbar das halbe Maggi-Sortiment herausragt.
Die Einblendung von Preisen bei den Fernsehsendern ist zwar erlaubt, als kritisch gilt aber die Kombination von Spende und deutlichem Lob – doch das wird von Horst Tempel bestritten. „Ich glaube nicht, daß wir da irgend etwas bewußt ins Bild rücken.“ Es sei „doch nun alltäglich, daß in irgendeiner Form Partnerschaften gepflegt werden“.
Für die MDR-„Telethek“ mag das stimmen – dort sitzen nicht nur Maggi-Fans. In der halbstündigen Sendung wird schon mal nach einem Beitrag erklärt, daß die Zuschauer „mehr dazu übrigens in der neuen Super-Illu lesen können“. Ausgerechnet die Zeitschrift, die schon im Beitrag auf einem Gartentisch lag.
Doch weder zu Maggi noch zur Super-Illu will sich der MDR „ad hoc“ äußern, da der Sachverhalt nicht bekannt sei.
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