Das Portrait: Ein enger Vertrauter von Pol Pot
■ Khieu Samphan
Als die kambodschanische Regierung letzte Woche verkündete, Pol Pot sei vor seinen eigenen Anhänger geflohen, war das Erstaunen groß: denn es hieß, der berüchtigte Führer der Roten Khmer habe seinen Vertrauten Khieu Samphan als „Geisel“ mitgeschleppt, weil er dessen Verrat fürchtete.
Über dreißig Jahre lang war Khieu Samphan Theoretiker, Sprachrohr und diplomatisches Aushängeschild der Organisation: Während der Herrschaft der Roten Khmer zwischen 1975 und Anfang 1979 wurde er Präsident des „Demokratischen Kampuchea“. In diesen Jahren kamen mehr als eine Million Menschen um.
Spätestens, als nach dem Einmarsch der vietnamesischen Truppen Hunderttausende kambodschanischer Flüchtlinge nach Thailand kamen, wurde klar, wie grausam das Regime regiert hatte. Dennoch wurden Pol Pot und seine Leute international nie zur Rechenschaft gezogen. Khieu Samphan, der nun offiziell den Vorsitz der Organisation übernahm, durfte Kambodscha bis Anfang der neunziger Jahre in der UNO vertreten – unterstützt von China und dem Westen, die eine von Vietnam eingesetzte Regierung in Phnom Penh nicht akzeptieren wollten.
Für Pol Pot und seine internationalen Gönner war Khieu Samphan ein rechter Glücksfall. Denn der elegante, weltgewandte Mann machte sich gut auf dem diplomatischen Parkett. Seit dem Studium in Paris war Khieu mit Pol Pot verbunden. Nach seiner Rückkehr nach Kambodscha gründete er den L'Observateur, eine Zeitschrift, die immer wieder die Korruption des damaligen Regierungschefs (und heutigen Königs) Sihanouk und die Armut im Lande anprangerte. Sihanouk ließ ihn die Kritik büßen. Im August 1960 trieben Zivilpolizisten Khieu Samphan nackt durch die Straßen der Hauptstadt, geprügelt und verlacht.
Dennoch ging Khieu Samphan erst 1967 zu Pol Pot in den Untergrund. Als die UNO Anfang der neunziger Jahre die ersten freien Wahlen in Kambodscha vorbereiteten, kehrte Khieu zum erstenmal nach der Vertreibung der Roten Khmer in die Hauptstadt zurück. Doch er blieb nur wenige Stunden: Eine aufgebrachte Menge versuchte, ihn zu lynchen. Jetzt hat er eine neue Chance, falls der 66jährige die Flucht mit Pol Pot überlebt. Premierminister Prinz Ranariddh hat ihm Amnestie angeboten, wenn er sich auf die Seite der Regierung schlägt. Jutta Lietsch
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