: Verwirrung um Schäfer
■ Chef der Colonia Dignidad angeblich beinahe in Argentinien festgenommen
Buenos Aires (taz) – Der wegen Kindesmißbrauch mit internationalem Haftbefehl gesuchte Chef der deutschen Colonia Dignidad in Chile, der 76jährige Paul Schäfer, soll angeblich in Argentinien nur knapp seiner Festnahme entkommen sein. Dies meldete zumindest am Sonntag die argentinische Tageszeitung Clarin. Demnach habe sich Schäfer in einem Nobelhotel im südargentinischen Bariloche eingemietet und sei mit einem Sprung aus dem vier Meter hoch gelegenen Fenster seiner Verhaftung durch die lokale Polizei entkommen. Ein anonymer Anrufer habe den Tip gegeben, daß Schäfer sich in Bariloche aufhalte. Wie die chilenische Zeitung La Epoca gestern berichtete, soll die der Polizei entkommene Person in dem Hotel unter dem Namen Paul Schäfer abgestiegen sein und als Beruf „Lehrer“ angegeben haben. Nach Aussage eines Angestellten ist der Mann kräftig und gesund gewesen.
Die chilenische Regierung hat Zweifel an der Echtheit der Geschichte angemeldet. Innenstaatssekretär Belisario Velasco nannte die Berichte ein gezieltes Ablenkungsmanöver der Anhänger Schäfers. Denn „die Angaben der argentinischen Polizei beschreiben einen Mann von über 1,90 Meter Größe, und auch die weiteren Merkmale entsprechen nicht denen Schäfers“, sagte Velasco. Schäfer gilt als gebrechlich und ist zudem auf einem Auge blind.
Auch Schäfers früherer Anwalt César Valero hält es für unwahrscheinlich, daß Schäfer in Argentinien steckt. Er hält diese Nachricht für „verwirrend.“ Gerade Bariloche sei ein ungeeigneter Fluchtort, da die Stadt bereits Zufluchtsstätte vieler Nazis gewesen sei und Polizei und Presse dort daher besonders wachsam seien. Auch der ehemalige SS-Mann Erich Priebke, der in Italien vor Gericht steht, war in Bariloche verhaftet worden.
In den vergangenen Wochen hatte die chilenische Polizei mehrfach auf dem hochgesicherten Gelände der Colonia Dignidad nach Schäfer gesucht, ohne ihn aber finden zu können. Ingo Malcher
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