Die an Unterhosen schnüffeln

■ Lieber mit dem „Herzblatt“-Hubschrauber ins Allgäu als in der neuen Flirtshow „Wolke 7“ landen (18.10 Uhr, ZDF)

„... denn wir haben die beiden nach ihrer Rückkehr getrennt voneinander befragt.“ Für manche ist das irgendein Satz. Doch für die fünf Millionen Zuschauer, die Freitag für Freitag in der ersten Reihe sitzen, ist die zitierte Sentenz konstitutiver Bestandteil eines vorabendlichen Rituals. Eines spielerischen Rituals, das es dem Zuschauer ermöglicht, sich trotz der äußerst knapp bemessenen Sendezeit auf das Wesentliche zu konzentrieren: „Und hier ist Ihr ,Herzblatt‘!“

Zweimal noch wird Routinier Reinhard Fendrich den „Herzblatt“-Hubschrauber vor der Sommerpause in irgendwelche bayerischen Provinzen schicken, bevor die Kuppelei am 9. Oktober als „Herzblatt-Show mit Hera Lind“ (und ohne Fendrich) wieder im Programm auftauchen wird.

„Herzblatt“ ist – und man muß wohl in Anbetracht der Nachfolgerin mit dem gewissen Eduscho- Charme sagen: war – die Perfektion der Singleshow, und „unsere Susi wird das noch einmal zusammenfassen“: Zwischen zwei Yes- Torty-Jingles gab es einen entertainernden Moderator, zwei Spielrunden, drei Fragen an drei Kandidaten, neun Antworten und – „Bitte, die Wand!“ Dünn war diese Wand wie das Konzept der Show, wie Trennwände in öffentlichen Toilettenanlagen, und doch nicht minder effizient. Die Wand war's, die den „Herzblättern“ manche Peinlichkeit ersparte, den Zuschauern die voyeuristische Freude am Wissensvorsprung bescherte. „Wolke 7“ hat keine Wand. „Wolke 7“, die ZDFsche Urlaubsvertretung, setzt statt auf räselhafte Anonymität auf geistlose Intimität. Bei „Wolke 7“ sitzen sich drei und drei Aug' in Aug' gegenüber und schämen sich. Eine Videokamera dokumentiert „halblegale Hausdurchsuchungen“ bei den Kandidaten. Und ob man wirklich wissen will, warum Herry japanische Herrenmagazine unterm Bett, warum Thomas einen Epilator im Bad und Cornelis außer Kondomen auch supersofte Papiertaschentüchter griffbereit auf dem Nachttisch liegen hat, fragt niemand. Dafür fragen Kandidatenmuttis und -papas beim sogenannten Schwiegersohn TÜV nach Kontostand und Beschaffenheit der Unterwäsche.

Irgendwann haben sich die drei Mädels dann für Harry entschieden, der sich nun seinerseits für Silke entscheidet, die sich nun ihrerseits wiederum entscheiden darf, ob sie überhaupt will, nämlich mit Harry und der Bahn (!) nach Paris fahren und unterm Eiffelturm frühstücken.

Ach so, moderiert wird die „Wolke 7“ natürlich auch: von einem gewissen Guido Kellermann. Doch der ist ebenso peinlich und nichtssagend wie die ganze Show. Christoph Schultheiß