: Kaktus gegen Kuba und Kurdistan
■ Dem seit Jahren umstrittenen AStA bläst der Wind ins Gesicht. RCDS und türkische Akademiker koalieren bei Uni-Wahlen.
„Sleeping with the Enemy“- Hauptsache, der Asta geht. So mutet es an, wenn bei den bis morgen laufenden Wahlen zum Studierendenrat (SR) an der Bremer Universität der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und der Türkische Akademiker Verbund Bremen (BTAB) auf einer gemeinsamen Liste namens „Kaktus“antreten. Das verbindende Element: die Pro-Kurdistan-Politik des AStA (Allgemeiner StudentInnen Ausschuß), dessen Vorstand sich aus den linken Gruppen Antirassistische Liste, AStA für Alle, der Feministischen Liste und der Uni-PDS zusammensetzt.
„Wir beobachten seit Jahren die antitürkische Politik des AStA“sagt Erhan Ercan vom BTAB. „Die einzigen, die an der Uni keine antitürkische Politik machen, ist der RCDS.“In der Hochschulpolitik spiele die Ausländerpolitik eines Innenministers Manfred Kanther (CDU) keine Rolle.
Und auch der RCDS ist glücklich mit seinem neuen Partner und hält sich für den „tolerantesten Studentenverband“, so der Vorsitzende Carsten Rohmeyer. In konkreten Forderungen schlägt sich das allerdings bisher nicht nieder: Der „Kaktus“-Flyer wettert zwar gegen Einschreibe- und Parkgebühren, aber nicht gegen die schlechteren Bildungschancen von Ausländern.
Ebenfalls gegen den AStA mobil macht die „Naturwissenschaftsliste“, die eine sehenswerte Liste von Vorwürfen aufstellt: Vom „öffentlichen Aufruf zu Straftaten“(Sabotage der Bahn im Rahmen des Castor-Protests) über Zweckentfremdung von Studiengeldern in sechsstelliger Höhe (für Solidaritätsbesuche in Kuba, Kurdistan und Gefängnissen) bis hin zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (der PKK). Es sei „unzumutbar“, daß ein „grundundemokratischer“AStA „zu allen möglichen politischen Themen Stellung beziehe, sagt Carsten Ballandis von der Naturwissenschaftsliste.
Nun ist der Asta aber demokratisch gewählt - auch wenn bei den vergangenen Wahlen nur zwölf Prozent der Studierenden zur Wahl gegangen sind. Theoretisch können 18.000 Studenten 25 Vertreter in den Studierendenrat (SR) wählen, der dann den AStA-Vorstand wählt.
Doch auch innerhalb der AStA-Kreise wird die Kritik immer lauter. „Mafiaähnliche Strukturen“attestiert dem Vorstand Losseni Keno, der im vergangenen Jahr für die Antirassistische Liste kandidierte und inzwischen „lieber für die Bahnhofsmission arbeitet“. Statt mit Ausländerpolitik würde man sich im AStA ohnehin nur mit Außenpolitik beschäftigen. Und selbst ihm als Delegierten sei es völlig unmöglich gewesen, Einblick ins Finanzgebaren des AStA zu bekommen, der über einen Jahreshaushalt von 680.000 Mark verfügt.
Tatsächlich wurde die Arbeit der Finanzprüfungskommission kürzlich in einer SR-Sitzung erfolgreich unterbunden. Laut stellvertretendem AStA-Vorsitzenden Christian Wichert soll ein staatlicher Wirtschaftsprüfer in der kommenden Woche einen Bericht vorlegen. Doch selbst die Zahlen aus dem Haushaltsplan 1997 machen stutzig: Satte 123.000 Mark werden für Arbeitskreise veranschlagt, 17.000 Mark für Reisekosten und 45.000 Mark für Veranstaltungen.
Im AStA-Büro steht man zum außenpolitischen Engagement. Solange das Oberlandesgericht nicht anderweitig entscheide, „ist es unser gutes Recht, zu politischen Themen Stellung zu beziehen“. Dem Münsteraner ASTA wurde das allerdings kürzlich gerichtlich untersagt. jago
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