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„Ihr solltet verboten werden“

■ SchülerInnen-Streik, dritter Tag: Alle reden gegeneinander

„Ich rede nicht mit Leuten die streiken,“kanzelte Klaus Bürger, bildungspolitischer Sprecher der CDU die Schulsprecherin der Schule an der Hamburger Straße ab. Die Unfähigkeit zum Gespräch prägte auch sonst den dritten Tag des SchülerInnenstreiks.

Am Morgen wurden Passanten auf dem Marktplatz durch Aktionen, Theater und Flugblätter mit dem Streik konfrontiert. „Ihr stellt immer nur Forderungen. Ihr seid die Herrenmenschen der Zukunft“, herrschte ein älteres Ehepaar SchülerInnen an. „Ihr solltet verboten werden“, schlug ein anderer als Radikallösung des Bildungsproblems vor. In einer Diskussionsrunde ließen sich zwei ältere Bremer die Not der SchülerInnen schildern. „Ach, wißt ihr was“, versuchte der 70jährige zu beschwichtigen, „früher waren unsere Klassen viel größer. Der Lehrer hatte immer seinen Rohrstock parat. Das hat uns nicht geschadet.“Die SchülerInnen trugen es mit Fassung und säuberten nach Attacken einiger Passanten den Platz von weggeworfenen Flugblättern.

Anschließend rief die Streik AG der Schule an der Hamburger Str. zur Podiumsdiskussion mit PolitikerInnen. Nach der Absage von Bürger (CDU) übten sich PDS / AFB und Junge Union in Guerillataktik: Erst Ton abgeben, dann verstecken. Erst sagten sie zu, dann kamen sie nicht. Ulrike Höwelmann von der SPD und Helmut Zachau von den Grünen stellten sich allein den Fragen der vollbesetzten Aula.

Einen schweren Stand hatte Ulrike Höwelmann, die versuchte, die SchülerInnen in die Geheimnisse hoher Poltik einzuweihen. Man müsse eben Mehrheiten und Geld organisieren. Ebenso kompliziert äußerte sich Zachau, als er eine Neuorganisation des Lebens an sich und der Schule im besonderen forderte. Dabei waren die Fragen der SchülerInnen konkret: „Warum wird Bildung politisch so niedrig eingestuft?“„Warum müssen wir mit veralteten und kaputten Lehrbüchern arbeiten, in denen weder Aids noch die Wiedervereinigung vorkommt?“„Glauben Sie, Sie motivieren SchülerInnen, indem Sie sie in Löcher pferchen?“„Die SPD hat doch ab 1945 immer das Bildungsressort verwaltet, warum hat sie nicht vorher die Katastrophe erkannt?“„Was macht ihr eigentlich konkret für uns?“wurden Erklärungsausflüge von Höwelmann und Zachau unterbrochen.

Schließlich gestand Höwelmann eine Mitverantwortung der SPD an der Misere ein. Zachau: „Wir müssen miteinander reden.“„Wir müssen mehr Druck machen,“schüttelte eine Schülerin ihren Kopf. schuh

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