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Blechernes Bingoglück

■ Das „Norwegen special“beim Filmfest

Es wird gespielt – verschlafen langsam und mit der denkbar ältesten Lotteriemaschine. Die Spieler, die sich auf einer gottverlassenen Waldlichtung in ihren Autos über einen blechernen Lautsprecher die Bingozahlen ansagen lassen, kümmert das nicht. Denn Spaß haben kann man so oder auch so. Dann aber hupt jemand langanhaltend „Bingo!“, und die Geschichte kommt ins Rollen: wunderschön, völlig verrückt und wie ein Balsam für alle zarten Sehnsüchte. Bingoplasse/The Bingo Joint von Pal Sletaune, als einer der Beiträge des Norwegenspezials auf dem Internationalen Kurzfilmfestival gezeigt, macht klar, daß die Bilder „nördlich der Normalität“in einem besonders gedeihlichen Klima entstehen.

Filme wie Are Kalmars dunkel- und schnellschießender Midnatt bla/Midnight Blue – selten war ein 40ster Geburtstag ähnlich fatal – oder wie die Chronologie Skademeldingen/Claim of Damages, eine tragikomische Flaschenzuggeschichte von Guttorm Petterson, erzählen unangestrengt und liebevoll, präzise und immer das rettende Stück vom Plot der Normalität entfernt.

Wie großzügig und produktiv dieser Blick auf die Wirklichkeit ist, beweist das Festival mit gleich fünf verschiedenen Filmreihen zum diesjährigen Norwegen- Schwerpunkt. Neben den treffsicheren Exkursen in die Welt der 60er und den wunderbaren Geschichten aus den 90er Jahren sind dabei auch Dokumentarfilme und eine Auswahl von No-budget-Filmen zu sehen. „Wirkliche Wirklichkeit“und künstlerisches Experimentierfeld – nördlich der Normalität lassen sich die Grenzen anders und irgendwie glücklicher überschreiten.

Ein bißchen ist es so wie mit der Geschichte von Ola in Ketil Kerns Sonnen/The Sun, wenn Ola auf dem Motorrad zu Chopinmusik nicht nur das Dorf, sondern auch seine enggewordene Rolle zurückläßt: Ein alter Mann rennt auf die Straße, ungläubig staunend wie wir.

Elisabeth Wagner

Norwegen Special: heute, 15 Uhr, „Die 60er Jahre“, 20 Uhr, Dokumentarfilme (Metropolis); morgen, 15 Uhr, No Budget, 18 Uhr, Dokumentarfilme (Metropolis), 22.30 Uhr, „Die 90er Jahre 2“(Passage)

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