■ Kommentar
: Keine politische Strategie

Nach den drastischen Kürzungsvorgaben im sozialen Bereich waren Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) und die Spitzenverbände der Wohlfahrt vor einem Jahr bereit, eine längerfristige Kooperation einzugehen. Der sogenannte „Liga- Vertrag“ verpflichtet die Wohlfahrtsverbände, bis 1999 die Finanzen ihrer Einrichtungen selbst zu managen – aber auch die Einsparungen. Skeptiker befürchteten damals, daß die Liga die politische Verantwortung für die Kürzungen tragen müsse und der Senat sich aus dieser Verpflichtung davonstehle.

Tatsächlich bekennen sich heute weder Liga noch die Gesundheitssenatorin zu ihrer politischen Verantwortung: Im Haus von Senatorin Hübner war und ist kein Kurs im Bereich der Obdachlosen-, Alten- und Selbsthilfe zu erkennen. Aber auch bei der Liga läßt sich keine Strategie feststellen: Sie erklärte nur, daß die Wohlfahrtsverbände nicht zum „Opferlamm“ der Stadt werden dürften. Diese Aussage hilft den Projekten für ihre Planung allerdings wenig. Denn einen Kriterienkatalog für die Vergabe der immer knapperen Mittel hat die Liga auch nach einem Jahr noch nicht vorgelegt. Die Projekte warten immer noch vergeblich auf sogenannten Leistungsverträge, mit der ihre Arbeit qualitativ bewertet werden kann, und auf ein vereinfachtes Zuwendungsrecht.

So ist tatsächlich ein Stück Entpolitisierung und Entdemokratisierung eingetreten. Als die Vergabehoheit noch bei Beate Hübner lag, gab es Interventionsmöglichkeiten seitens des Parlaments. Jetzt werden die Gelder ohne die nötige Transparenz im stillen Kämmerlein verteilt. Julia Naumann

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