: Die Demokratie behält das Hausrecht
■ Bundesamt weist Ansprüche der Alteigentümer OSS am „Haus der Demokratie“ in einer vorläufigen Entscheidung zurück. OSS erwägt Klage. Stiftung Demokratie fürchtet Begehrlichkeiten des Landes
Beim Streit um das Eigentum am „Haus der Demokratie“ in der Friedrichstraße in Mitte hat die „Stiftung Haus der Demokratie“ einen ersten Erfolg errungen. In einer sogenannten „beabsichtigten Entscheidung“ hat das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen (BaRoV) jetzt festgestellt, daß der Alteigentümer, das „Oberschlesische Steinkohlesyndikat“ (OSS), keinen Anspruch auf das Haus hat. Dieser Auffassung folgen wird wahrscheinlich die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des DDR-Parteivermögens, die noch über die Rückgabeansprüche zu befinden hat.
Nach einer erneuten Anhörung des Antragstellers OSS muß dann das Bundesamt mit der Kommission Einvernehmen herstellen und dann seine endgültige Entscheidung treffen. Die „sieht aber in der Regel nicht anders aus“, als die jetzt verkündete beabsichtigte Entscheidung, so ein Sprecher das BaRoV.
Das „Haus der Demokratie“, in dem seit den fünfziger Jahren die SED-Kreisleitung Mitte residierte, wurde von der SED nach der Wende den Bürgerrechtlern zur Verfügung gestellt und später an sie verkauft. Heute befinden sich in dem Haus neben einem Café die Büros von Bürgerrechtsgruppen.
Streitpunkte waren unter anderem, ob das Gebäude durch die Alliierten oder die DDR enteignet worden war, wann dies geschah und ob das Gebäude vor der Enteignung beschlagnahmt worden war. Ist dies der Fall und wurde das Haus durch die Allierten vor 1949 enteignet, verfallen die Ansprüche der Alteigentümer, so wie es das Bundesamt jetzt vorläufig entschieden hat.
Die Preussag AG, die die meisten Anteile an der OSS, einer ehemaligen Tochter der Hermann- Göring-Werke, hält, kann sich hingegen „gar nicht vorstellen“, daß die endgültige Entscheidung derart ausfallen wird, so ein Sprecher der Rechtsabteilung. Passiere dies doch, würden sich die zahlreichen Anteilseigner der OSS überlegen, einen Prozeß anzustrengen.
Verfallen, wie vom BaRoV angekündigt, die Ansprüche der OSS, dann wäre formal der Weg frei, das schätzungsweise 35 Millionen Mark schwere Objekt der „Stiftung Haus der Demokratie“ zu überlassen. Aber: „Möglicherweise könnte das Land Berlin Begehrlichkeiten entwickeln“ und das Haus in bester Lage an der Friedrichstraße dann für sich beanspruchen, meint Erhard Otto Müller von der Stiftung. Laut gerade erlassenem Altschuldengesetz könnten Erträge aus dem SED- Vermögen auch anders als für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden, meint der Rechtsanwalt der Stiftung, Bernd Hoffmeister. Er fürchtet, das Land Berlin könnte sich versucht sehen, die Immobile zur „Stopfung der Schuldenlöchern“ zu benutzen. Tobias Singelnstein
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