: Schwarzbraun ist die Haselnußtorte
■ Lokaltermin im Heino-Café: Der blonde Barde und gelernte Bäcker betreibt in seinem Geburtsort Bad Münstereifel ein Kuchenetablissement für die reifere Jugend
Besonders verdienten Einwohnern wird zu Lebzeiten die Würde des Ehrenbürgers verliehen. Nach ihrem Tod machen sich vielleicht Erben und Freunde für ein Denkmal oder Museum stark. Heino kann so lange nicht warten. Im letzten Jahr eröffnete er für sich und seine Fans in seinem Geburtsort Bad Münstereifel das Heino-Café.
Seitdem ist nicht mehr die historische Altstadt die größte Attraktion des Eifelstädtchens, sondern das Café des „Musikantenstadl“- Stars. Die traditionellen Cafébetreiber des Kurortes sind über diese Entwicklung wenig erfreut. Hinter vorgehaltener Hand gestehen sie, daß ihnen der berühmteste Sohn der Stadt massiv Kundinnen im besten Nachmittagskaffee-Alter abgräbt. Da hilft es auch nicht, das eigene Berieselungsprogramm auf Heino-Schlager umzustellen.
Wie nicht anders zu erwarten, ist das Heino-Café zur besten deutschen Kaffeezeit, sonntags nachmittags um 16 Uhr, bis auf den letzten Platz besetzt. Einigen Familien mit Kindern ist es zu verdanken, daß das Durchschnittsalter bisweilen auf unter 60 Jahre sinkt.
Entsprechend ist auch die Einrichtung am Gästegeschmack orientiert: Die Verbindung von dominanten dunklen Holztönen mit türkisfarbenen Tischdecken und Vorhängen soll gleichzeitig Behaglichkeit und Frische ausstrahlen. Highlight ist ein original mit Pailletten besticktes Sakko aus den Siebzigern, natürlich inklusive Sonnenbrille. Das Kleinod ist eingemottet und wird in einer Vitrine für die Nachwelt verschlossen gehalten.
Neben obligatorischen Heino- Liedern werden auch Titel von Konkurrenzinterpreten dargeboten. „Ich fände es gräßlich, wenn nur Heino-Musik gespielt würde“, meint Trude Meyer aus Köln. Wie man es von einem Ruhmesort deutschen Liedguts erwartet, sind die Wände mit Erinnerungsfotos (darunter Heino und Hannelore mit den Rolling Stones) und goldenen Schallplatten behängt. In einem Glasschrank stehen akkurat aufgereiht Auszeichnungen, von denen andere Volksmusikanten noch träumen: goldene Bären, goldene Bambis, goldene...
Die jüngste Auszeichnung allerdings geht auf die Anfänge von Heinos Berufsleben zurück, als der gelernte Bäcker noch Heinz-Georg Kramm hieß: Anfang März verlieh ihm die Konditor-Innung Bonn/Rhein-Sieg die Würde eines Ehrenmeisters. Sie wurde ihm für seine Haselnußtorte verliehen, die er aber nicht selbst gebacken hat. Wie eine freundliche Thekenkraft versichert, ist sie die beliebteste Kuchensorte im Café. Allein schon durch die Deko-Schokolade mit Heino-Karikatur wird die Sahneschnitte zum Genuß.
Daneben gibt es einige bürgerliche Snacks wie Bockwurst und Grillhaxe sowie eine Getränkekarte, die selbst Raritäten wie Eierlikör und Vitamalz bietet. Selbstredend wird auf der Terrasse der Kaffee nur in Kännchen aufgetragen. Serviererin Rita arbeitet seit der ersten Stunde in dem Café, und angesichts des Trinkgeldes ist ihr der Spaß noch nicht vergangen. „Die meisten Gäste sind Heino- Fans und erhoffen sich insgeheim, ihr Idol einmal hier anzutreffen“, weiß sie. Eine Frau aus Düsseldorf ist besonders ungeduldig, den blonden Barden zu sehen. Noch bevor sie ihren Mantel ausgezogen hat, hetzt sie zur Kuchentheke und fragt aufgeregt: „Ist er da?“
Eine Umfrage aber ergibt, daß viele Gäste zwar seine Musik mögen, aber keine bekennenden Fans sind. Wer den Chef allerdings schon mal gesehen hat, wie Hilde und Paul Schneider aus der Nähe von Köln, der ist angetan von seiner freundlichen Art: „Heino kommt an die Tische, schüttelt die Hände und ist sehr offen und gesprächig – ganz anders, als man es von einem Prominenten erwartet.“
Wer von einem Cafébesuch nicht genug hat und seinen Lieben zu Hause eine Freude machen will, kann sich an der Theke mit original Haselnußschokolade eindecken. Heino beherrscht nicht nur auf musikalischem Gebiet die Tastatur moderner Promotion: Seine Schokolade mit ganzen Nüssen verschickt er in die ganze Welt. Und falls falsche Heinos in China textunsicher sind, brauchen sie nur auf die Packungsrückseite zu sehen: Dort sind Noten und Text des legendären Lieds „Schwarzbraun ist die Haselnuß“ aufgedruckt. Auf zum Karaoke-Singen! Bernhard Hoffmann
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