■ Keine Experimente aber preiswerter Glanz: No Budget
: Hummeln im Kopf

Lern-Vermeidungsstrategien wie Futtern, Popeln oder die Entdeckung der Fingernägel als Grundnahrungsmittel kennen wir alle. Doch in Dorothea Donnebergs Hummeln im Kopf, eine der schönsten und sicher preiswürdigen No-Budget-Produktionen auf dem diesjährigen Kurzfilmfest, mutieren fehlgeleitete Schulvorbereitungen zu einem Sodom und Gomorrha, das die Sortiersysteme in einem Jungmädchenzimmer aus den Angeln hebt. Zunächst wird die Faule im halbanimierten Lern-Grusel nur vom alten Spielinventar verhöhnt. Barbie-Elfen flattern ihr mit einem zynischen: „Du mußt lääärnen“um die Nase, aus Stoffaffen und Big Jims montierte Monster marschieren provokant über das unselige Schreibtischschlachtfeld. Und die Mutter, im leopardgefleckten Oberteil bildet gar das missing link zur nicht minder schaurigen Wirklichkeit. Und wenn man nicht mal mehr träumen darf, weil sich jeder selbstbebilderte Arztroman in einer operettenhaften Hirnamputation mit gleißenden Weißaugen entlädt, stehen die Zeichen bald auf Amok.

In Connectophobia dauert es bis zum Weltuntergang noch drei Minuten. Zeit genug, um vier Geschichten in nebeneinander projizierten Einzelfilmen zu erzählen, die scheinbar nichts miteinander verbindet, als die Gleichzeitigkeit der Türklingel und des Todes. Ein Mann langweilt sich und kriegt Besuch. Jemand versucht jemanden anzurufen und erschießt sich. Darüber macht sich ein Mädchen ausgehfein. Daß das Blut des Selbstmörders aus der Geschichte unter ihr auf ihr Schienenbein spritzt, nimmt sie dabei so unaufgeregt zur Kenntnis wie einen Fussel in der Wimperntusche. Sehenswerte Short Cuts im Zwergenformat.

Jan Peter seufzt wieder. Ein Weltbild müßte her. Eines, was er mit seinen schlaksigen Gliedern richtig umarmen könnte, was sich in kalten Tagen an seine Füsse kuschelt und das all seiner wüsten, nach Sinn grabschenden Gestik stand hält. Schließlich ist Jan Peter 26. Und wer in dem Alter noch keine Visitenkarten hat, braucht wenigstens ein diskutables Weltbild. Aber den Sinn des Lebens hab' ich immer noch nicht rausgefunden. Neben amüsantem wie Jan Peter oder der fiktionalen Dokumentarreise zu Draculas Wirkungsstätte La Vedere Draculu von Sambor Wilk und dem skurrilen Gipfeltreffen des Fischkopfträgers mit dem heiligen Scheiße-Mann in Rick Randalls Mullet, verblaßten dann auch die öden ethno-öko-esoterischen Bild-Ergüsse, die sich hin und wieder ins Programm schleimten.

Etwas unterbelichtet scheint in diesem Jahr der Experimentalfilm daherzukommen. Denn außer Shadows of the Son, der im Lochausschnitt einer Pupille abgerissene Lichteindrücke zu alogistischen Serien fügt, gab sich diese formale Spielwiese eher verhalten und blieb im Erfindungsgeist doch hinter billigen kalkulierten Techno-Videos zurück. Doch noch sind nicht alle Filme aus der Spule, der Fisch nicht geputzt und die Preise noch im Säckchen. big