: Rußland darf künftig Schulden eintreiben
Der G7-Gipfel in Denver war geprägt vom Streit in den großen Linien, und der Einigkeit bei konkreten Abkommen über Rußland als Gläubiger, Handys und Pharmaprodukte ■ Von Hermann-Josef Tenhagen
Berlin (taz) – Bei den großen Themen Arbeitslosigkeit und Afrikapolitik gab es am Wochenende Streit auf dem Gipfel der sieben größten Industrienationen mit Rußland. In einigen nicht ganz unbedeutenden Kleinigkeiten wurde man sich am Rande der Konferenz in Denver doch einig.
US-Präsident Bill Clinton und Japans Minister Präsident Ryutaro Hashimoto hatten direkt vor dem Gipfel den großen Handelsbilanzüberschuß der Japaner gegenüber den USA diskutiert. Die Finanzminister Robert Rubin und Hiroshi Mitsuzuka wollen jetzt zusammenarbeiten, damit der Wechselkurs von Dollar und Yen „nicht allzusehr schwankt“. Der niedrigere Yenkurs hatte den japanischen Exportboom in die USA ausgelöst.
Die russische Regierung soll in den exklusiven Verein der staatlichen Gläubiger, den sogenannten Pariser Club, aufgenommen werden. Rußland hat nach eigener Darstellung als Gläubiger noch knapp 150 Milliarden Dollar offen, die man bei Kubanern, Mongolen, Vietnamesen und Indern zurückholen will. Den russischen Finanzminister wird's freuen, Kubas Staatschef Fidel Castro, der jetzt noch drückendere Geldnöte bekommt, wohl weniger.
Ein weiteres Ergebnis: Europas Handys sollen schneller auf den US-Markt kommen. Bislang brauchte allein die Genehmigung eines neuen Modells in den USA drei Monate. Jetzt soll die Europäische Genehmigung auch in den USA gelten und umgekehrt natürlich. Ähnliche Regeln wurden auch für andere technische und Pharmaprodukte mit einem Handelsvolumen von insgesamt 50 Milliarden Dollar vereinbart.
Einig war man sich unter den Großen auch, daß man die Aufsicht über Banken, den Wertpapierhandel und Versicherungen international besser koordinieren muß. Besonders beargwöhnt werden Schwellenländer wie Mexiko, das die großen Industrieländer vor zwei Jahren mit dem Beinahezusammenbruch seines Bankensystems schockte.
Streit gab es in der Afrikapolitik. Die Amerikaner hatten dieses Thema ganz oben auf die Tagesordnung des Gipfels setzen wollen, doch die EU winkte ab. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac sagte, es sei nicht die Zeit, über Initiativen zu reden, es müsse gehandelt werden. Die EU verwies darauf, sie habe 1995 für über 22 Milliarden Dollar in Afrika eingekauft, die USA nur für 11 Milliarden, Japan sogar nur für 1,4 Milliarden Dollar. Europa mache mit dem Lomé-Abkommen seit Jahrzehnten aktive Afrikapolitik.
Besonders sauer stieß den Europäern auf, daß US-Präsident Clinton vor dem Gipfel die US- Wirtschaft öffentlich als Vorbild für Europa darstellte. Clinton argumentierte, seit dem G7-Gipfel in Houston 1990 seien in seinem Land über 12 Millionen zusätzliche Arbeitplätze geschaffen worden, die Arbeitslosigkeit sei auf 5 Prozent und das Haushaltsdefizit auf rund 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt worden.
Und auch daß Frankreich, Italien und Deutschland im Entwurf der Gipfeldeklaration aufgefordert werden konnten, mehr zu tun, „um die Effizienz der Arbeits- und Gütermärkte durch Strukturreformen zu steigern“, hat Kohl, Chirac und Italiens Romano Prodi sicher nicht geschmeckt.
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