Eine artige Kunstmission in Weiß

■ Auf dem Holstenhof stellen junge Künstler ihre Ambitionen in Sachen Altenpflege aus

Die Sonnenrose auf dem Holstenhof. Es klingt nach Reiterferien auf dem Lande, nach Liebesroman oder Schwarzwaldklinik. Das alles täuscht. Denn der Holstenhof ist ein Alten- und Pflegeheim in Jenfeld und die Sonnenrose ein Ausstellungsprojekt, das Heinleiter Rüdiger Wübbels mit der Agentur 180°initiert hat. „Alte Menschen und junge Kunst“– unter diesem mutwilligen Motto will das ehrgeizige und langfristig zwischen Studenten der Hochschule für bildende Künste und dem Holstenhof ausgehandelte Projekt die abgeschiedenen Räume des Pflegezentrums öffnen.

Man möchte die üblichen Wahrnehmungen und Grenzen des Heimalltags verändern und überschreiten helfen. Ganz so, wie es das Bild der Sonnenrose verspricht und wie es einer der Künstler anläßlich der Eröffnung für alle anschaulich erklärt. Sonne, „Sinnbild künstlerischer Schöpferkraft“, plus Rose, Symbol der Liebe, ist gleich Sonnenrose. Spätestens an dieser Stelle der Rechnung ist jeder Besucher vorgewarnt.

Passend zur artigen Beflissenheit beginnt die Führung über das kunstbestückte Gelände des Holstenhofes auch gleich mit einer Schau fröhlich-harmloser „Sonnenbilder“. Fotos von Sonnenauf- und Sonnenuntergängen, die von Irene Margil gesammelt und auf „ihre Mitte hin zentriert werden“.

Auf solche Weise soll eine Art von Supersonne entstehen, 64 und mehr Sonnen in einer, oder Urlaubsgelb gegen Altersschwäche und Einsamkeit.

Gutgelaunt und sendungsbewußt durchläuft man den Parcour, bestaunt auf dem Flur der Pflegestation ein paar Bildchen in Öl. Die Patienten, die hier liegen, könnten darin vielleicht die Möglichkeit zur „Innenschau“finden. Eine Tür steht offen, und man sieht in eines der spärlich möblierten Zimmer hinein. Vorbeischlendern im wiegenden Museumsschritt.

Im Keller und im „Ex-Raum“von Haus 4 dann eine kurze Rede auf den Sinn von Rauminstallationen und die Vorzüge des interaktiven Kunsterlebens. Der Begriff „Readymade“fällt. Ansonsten versteht man sich prächtig und im deutlich hörbaren Anklang auf die eigene Künstlerrolle.

Es scheint den meisten nicht klar zu sein, in welch grotesk selbstentlarvender Tonlage sich das alles abspielt; wie sich mit jedem neuen Zeigegestus kränkende Herablassung einstellt: Hier die Kunst, dort die Alten und beide so trefflich nah zusammen. Man selbst läuft einher, „mit jugendlicher Kraft und Experimentierfreude“(Katalogtext), und denkt, es wär ein Segen.

Elisabeth Wagner

noch bis 27. Juni, Holstenhof, Elfsaal 20