■ Vorschlag: "Die lebende Zeitung" mit Frühstück - jeden Sonntag im Chamäleon
Vorschlag
„Die lebende Zeitung“ mit Frühstück – jeden Sonntag im Chamäleon
Der Sonntagmorgen ist heilig. Wenn man Glück hat, dann darf man einfach zu Hause bleiben, um den Brummschädel vom Vorabend auszukurieren und sich mit einer Zeitung vor der Nase seiner schlaffen Restmüdigkeit hinzugeben. Die Aufnahmebereitschaft für ernste oder gar künstlerisch wertvolle Angelegenheiten tendiert naturgemäß gegen Null. Für Programmveranstalter also eine eher problematische Tageszeit, doch die Macher des Chamäleon-Varietés sind für ihre verwegenen Showkonzepte bekannt. Auch ihr neuestes Projekt beweist Mut: „Die lebende Zeitung“ heißt das Konzept und wird zu einer Tageszeit aufgeführt, „in der das Zeitunglesen Hochkonjunktur hat“. Das muß nicht gutgehen.
„Die lebende Zeitung“, die ihre Nummern nicht in Akten, sondern nach „Zeitungsseiten“ präsentiert, will ihre Themen aus tagesaktuellen Ereignissen, Meldungen und Schlagzeilen beziehen. In der Praxis wirkt der Zeitungsaspekt dagegen ein wenig überstrapaziert. Nicht genug, daß die Verpackung der Show die alles begleitende Jazzkapelle „The Newspapers“ heißt. Zudem wurde mit Zeitungsbällchen jongliert und mit Zeitungen gezaubert. Einzelne Seiten wurden gefaltet oder in Schnipsel gerissen. Und auch die einzelnen Ressorts wurden ein wenig krampfhaft gefüllt.
Während in der Zeitung des wirklichen Lebens gerade die letzten Seiten die interessanteren sind, zog sich im Chamäleon der zweite Teil der Show ein wenig hin. An manchen Nummern – äh Seiten – muß noch gefeilt werden: Zu lang geriet das Vorlesen des Horoskops. Und der Versuch, ein mit dem Overheadprojektor an die Wand geworfenes Kreuzworträtsel mit Hilfe des Publikums zu lösen, blieb einfach nur langweilig. „Da müssen wir uns für das nächste Mal noch etwas überlegen“, folgerte der Moderator ganz richtig.
Dennoch waren die meisten Acts professionell, wenn nicht brillant: wie der traurige Gesang der türkischen Jazzsängerin Pinar Emirel, der einen vollkommen unvorbereitet durch den nüchternen Magen mitten ins Herz traf. Richtig gut war auch der Mann, der mit seinem Akkordeon J.S. Bach interpretierte. Auch der Pausenclown Hacki und die „Newspapers“ sind weiter gute Gründe, seine sonntägliche heilige Zeit ruhig einmal dem Chamäleon zu opfern. Die taz ist schließlich auch nicht jeden Tag ein Volltreffer, aber man arbeitet schließlich daran. Genau wie die Leute vom Chamäleon. Kirsten Niemann
„Die lebende Zeitung“, sonntags, 12 Uhr, im Chamäleon, Rosenthaler Straße 40/41. Käsebrötchen und Kaffee inklusive
Vorschlag
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen