: Wohnraum ins Wasser
■ Senat segnet Bebauung am Holzhafen für Büros und Luxuswohnungen ab
Der freie Blick auf den Altonaer Holzhafen war einmal. Schon im Frühjahr 1998 wird ein 30 Meter hoher Gebäudeklotz seinen Schatten über das Elbufer werfen. Dem umstrittenen Bauvorhaben der Hamburger Immobilienfirma Büll & Liedtke gab der Senat gestern seinen planrechtlichen Segen. Und suchte den wütenden Anwohnern und Ausflüglern am Hafenrand seine Entscheidung als „Meilenstein in der Stadtentwicklungspolitik“(Altonas SPD-Kreischef Olaf Scholz) zu verkaufen.
Denn in dem ursprünglich als reines Bürohaus konzipierten Gebäude hinter dem Fischmarkt wird es jetzt auch Luxus-Wohnungen geben: 6.000 der insgesamt 16.000 Quadratmeter sind dafür vorbehalten. Das, so die Stadtentwicklungsbehörde euphorisch, sichere eine „lebendige Mischung“.
Die juristischen Bedenken, die Wirtschaftsbehörde und Hafenunternehmen so sehr plagten, daß sie das Büro-Wohnprojekt platzen lassen wollten, konnten beseitigt werden. Die Hafenwirtschaft fürchtete Lärmklagen der künftigen Bewohner und damit um ihre Existenz. Unberechtigte Sorgen, freute sich der Senat gestern und schloß sich einem von ihm beauftragten Bonner Rechtsgutachten an. Das hält die Koexistenz von Hafenwirtschaft und Wohnen mittels eines planrechtlichen Kniffs für möglich: Die Ausweisung des Baugeländes als „Kerngebiet mit ausnahmsweise Wohnungen“signalisiere potentiellen Lärm. Zusätzlich sichert sich die Stadt ab, indem sie die „Duldung von Gewerbe- und Hafenlärm“explizit im Grundbuch eintragen läßt.
Während die Altonaer SPD die Senatsentscheidung als „wegweisend“für die geplante Hafen-City bejubelte, in der auch eine Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Büros entstehen soll, zeigte sich der Investor verhalten optimistisch. Man freue sich zwar und rechne mit der Baugenehmigung für das 240-Millionen-Projekt „im Herbst, um dann im Frühjahr 1998 anzufangen“und spätestens zwei Jahre später fertig zu sein. Aber, warnt Sprecher Ludger Inholte: „Die Wohnungen werden sehr, sehr teuer.“Und: „Die Befürchtung, daß sich der Wohnungsbau ähnlich wie an der Kehrwiederspitze nicht rechnet, haben wir auch.“
Vor zehn Tagen hatten die Kehrwiederspitzen-Investoren das drohende Aus für den Wohnungsbau verkündet. Bauen am Wasser sei eben immer teurer, so Inholte. Was darauf hindeutet, daß auch am Holzhafen das Wohnen am Wasser in selbiges fällt. Heike Haarhoff
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