Das Portrait
: Der Rabe als Weltmeister

■ Heinz Wewering

Von Kollegen erhielt er den Beinamen Rabe. Respektvoll gesprochen meint es, daß er wie ein Greifvogel Siege an sich zieht. Die despektierliche Seite bezieht sich auf seine Geschäftstüchtigkeit. Heinz Wewering (47) ist Multimillionär, geschätztes Jahreseinkommen über 10 Millionen Mark in einer Sportart, in der die meisten gerade so über die Runden kommen. Keiner hat so viele Rennen gewonnen wie Wewering, mehr als 12.000 seit seinem ersten Rennen 1964. Mit 707 Jahressiegen stellte er 1983 einen Weltrekord auf. In diesem Jahr wird er zum 20. Mal deutscher Meister der Trabrennfahrer. Jahr für Jahr streiten eine Handvoll Trabrennfahrer um den zweiten Platz, weil der erste schon vergeben ist. Die Trophäe, um die es geht, gab ihm einen weiteren Namen: Heinz Wewering ist der Mann mit dem „Goldhelm“.

Dabei scheint ein Geheimnis seines Erfolges nicht zuletzt seine öffentliche Glanzlosigkeit zu sein. In Interviews sagt er selten mehr als das Erwartbare. Rennen werden im Stall gewonnen, heißt es im Szene-Jargon, und da legt Wewering Wert auf Disziplin und Kontinuität. Während das Stallpersonal sonst wie fahrendes Volk umherzieht, herrschen im Hause Wewering klare Verhältnisse. Heinz Mletzko, Herr der Hufe und Geschirre im Stall Wewering, arbeitet schon seit über zwanzig Jahren mit seinem Chef. Die Trainingszentrale der beiden im westfälischen Bladenhorst funktioniert wie ein Industriebetrieb. Mehr als zweihundert Pferde werden hier auf die fast täglich stattfindenden Rennen vorbereitet. Besser noch als auf Pferde, sagen manche, versteht sich „Heinz the Champ“ auf das Trainieren von Rennstallbesitzern.

Unter Trabrennfreunden gilt es als ausgemacht, daß Heinz Wewering Ende dieser Woche bei seiner dritten Teilnahme zum zweitenmal Weltmeister der Trabrennfahrer wird. Die neun Gegner sahen bislang nur seine Rückansicht. Nach zwei Tagen hat er bereits 35 Punkte Vorsprung. Das Publikum ist ohnehin auf seiner Seite. Dafür sorgt ein eigens für die Weltmeisterschaft gegründeter Wewering-Fan-Club, der, mit Fähnchen und Base-Cap ausgestattet, jubelnd von Bahn zu Bahn zieht. Einer wie Wewering läßt nichts unkontrolliert. Initiator des Fan-Clubs ist Sohn Oliver (27), ein Berufskollege, der sich demnächst einmal anschicken könnte, in den Kampf um den zweiten Platz einzugreifen. Harry Nutt