: Inverkauf statt Ausverkauf
■ Grüne stellen Alternative zur Deckung des Haushalts vor: Landeseigentum an Landesgesellschaften verkaufen
„Die Kuh kräftiger melken, anstatt sie zu schlachten“: Unter diesem Motto haben Bündnis 90/ Die Grünen gestern Alternativvorschläge zu den Plänen der Koalition zur Deckung der Haushaltslücke gemacht. Die 7,4 Milliarden Mark, die im Etat für 1997 noch fehlen, sollen durch Verkäufe von Landesunternehmen an Landesunternehmen hereinkommen. Der Vorteil: Berlin behält die Kontrolle über die Betriebe.
Im einzelnen schlagen sie vor: Die Wasserwerke BWB sollen für die Nutzung öffentlichen Straßenlandes zahlen: In einem neu zu schließenden Konzessionsvertrag sollen sie jährlich etwa 100 Millionen an das Land abführen, schlug der umweltpolitische Sprecher Hartwig Berger vor. Abgeschlossen auf 30 Jahre und sofort ausgezahlt, könnte das 1997 trotz eines enormen Zinsverlustes 1,5 Milliarden Mark einbringen.
Die Gasag-Anteile des Landes sollen nicht an einen Investor verkauft werden, sondern in Berlin bleiben: Die BWB sollen die Aktien übernehmen und dafür etwa eine Milliarde zahlen. Dabei monierte die Finanzexpertin Michaele Schreyer, daß der heimliche Verkauf des Gasag-Erdgasspeichers den Wert des Unternehmens deutlich gesenkt habe.
Das landeseigene Messegelände unter dem Funkturm soll seine 500.000 m2 für eine Milliarde an die Landesbank abtreten.
Obwohl die Grünen den Verkauf der Bewag kritisieren und zu stoppen versuchen, erwartet die Fraktion aus dem Geschäft 2,85 Milliarden. Die verbleibende eine Milliarde sollen Verkäufe von Immobilien beschaffen.
Nicht in diesem Jahr, sondern frühestens 1998 erwarten die Grünen einen Verkauf der Feuersozietät und der Öffentlichen Lebensversicherung. Der Verkauf dieser Gesellschaften, die „nicht zu den Aufgaben des Staates gehören“, soll 500 Millionen einbringen. Schließlich forderten die Grünen den Senat auf, die Bankgesellschaft zu einem Beitrag bei der Konsolidierung zu bringen. So sei das Eigenkapital der Banken im Gegensatz zum Kapital der Eigenbetreibe nicht verzinst, meinte Schreyer. Die Erträge Berlins aus der Bankgesellschaft seien geringer als ohne die Holding-Konstruktion, weil die Holding die Verluste der Berliner Bank aus dem Kreditgeschäft auffange. „So werden private Verluste sozialisiert“, meinte Schreyer.
Der Idee eines Grundstücks- fonds, wie er von der Koalition geplant wird, stehen die Grünen skeptisch gegenüber: Damit entscheide nicht das Land, sondern die Wirtschaft über die Stadtentwicklung. Außerdem sei nicht sicher, welche der „ungenutzten“ Grundstücke verkäuflich seien. Bernhard Pötter
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