: „C+L“testierte dem Vulkan alles
■ Oberster Wirtschaftsprüfer Günter Buschmann wusch vor dem Ausschuß seine Hände in Unschuld
Günter Buschmann war gestern vor dem Vulkan-Untersuchungsausschuß als Zeuge geladen, der langjährige Chef der Bremer „C+L-Treuarbeit“-Wirtschaftsprüfer. Das ist die Gesellschaft, die den Vulkan-Konzern bis ins Letzte kennen mußte, weil sie ihn jahrelang „begleitet“hatte mit ihren Testaten. Es ist die Wirtschaftsprüfer-Gesellschaft, die die Bremer Schiffbau-Politik bestens kennen mußte, denn wer in Bremen eine Wirtschaftsförderung haben will, der muß sich nicht an eine staatliche Adresse wenden, sondern an die C+L: Seit 20 Jahren begutachtet C+L jeden Wirtschaftsförderantrag, und insofern auch die Bürgschaftsanträge für den Schiffbau. In aller Klarheit steht in vielen derartigen Beihilfe-Gutachten für Vulkan-Werften, rein betriebswirtschaftlich gebe es erhebliche „Risiken“, aus arbeitsmarktpolitischen Gründen werde aber die Zustimmung zu dem Bürgschaftsantrag empfohlen.
Eben diese Wirtschaftsprüfungs-Experten hatten im September 1995 zu einer großen Runde geladen, um den Vertretern der Banken und den Senatsvertretern unter zuhilfenahme ihres ganzen Sachverstandes zu erklären: Es geht wirklich nur um ein vorübergehendes Liquiditätsloch bei den 300 Millionen. Bis zum Juni 1996 wäre die Liquidität des Konzerns damit gesichert, verstanden die Gesprächspartner, und Buschmann bestätigte gestern, daß man die Ausführungen seines Prüf-Unternehmens durchaus so verstehen konnte. Anfang September 1995 hatte dann dieselbe C+L-Treuarbeit noch mit ihrem Stempel testiert, daß das „Grundkapital“nicht angetastet sei. Auch das, so Buschmann gestern, sei im Rahmen der damals vorliegenden Daten „nicht fahrlässig“gewesen und auch „nicht weg von der Realität“.
Ausschußvorsitzender Hermann Kuhn hielt dem C+L-Fachmann vor, wie die ihm damals vorgelegten Daten zustandegekommen waren. Der Konzern-Vorstand hatte wenige Tage vorher beschlossen, daß alle operativen Firmen positive Zwischenbilanzen einzureichen hätten, sogar was die Ergebnisvorschau für das laufende Jahr 1995 anging. Buschmann schien von diesem Protokoll-Zitat nicht überrascht, die Interpretation der Zahlen, gab er zurück, sei ja dann in der Verantwortung der Prüfer gewesen.
Banken-Vertreter wie Politiker haben sich im Ausschuß regelmäßig auf die Testate der Wirtschaftsprüfer berufen. Offenbar ging es in der Krise des Vulkan auch stark darum, wer den „schwarzen Peter“für Schließungen am Ende bekommt. Wirtschafts-Staatsrat Frank Haller hat gestern vormittag deutlich gemacht, daß das Land jedenfalls nicht die Verantwortung für Schließungsbeschlüsse übernehmen wollte. So wurde zugunsten von Überbrückungskrediten alles verpfändet, was noch werthaltig war. Im Februar 1996 bewilligte der Senat sogar noch die Auszahlung von 78 Millionen voll verbürgter Kredite für die Costa II, obwohl klar war, daß damit auch nur alltägliche Liquiditätslöcher gestopft wurden und eigentlich dieser Sachverhalt zu einer ganz anderen Bewertung der Bürgschaft durch die EU hätte führen müssen. K.W.
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