: Pfarrer verkaufen ihren Verlag
■ Warum die traditionsreiche Nürnberger Sebaldus-Gruppe, der der Gong-Verlag gehört, den Besitzer wechselt. Sogar ein Börsengang wird angepeilt
Nun sollen sie alle verkaufen. Die ersten begannen schon am Wochenende damit, als in Nürnberg die 197 Anteilseigner der Sebaldus-Gruppe zusammenkamen – zur letzten Gesellschaftersitzung dieser Art. Man hatte extra einen Notar bereitgestellt, um die Operation abzuwickeln. Daß verkauft werden soll, wurde schon vor zwei Jahren beschlossen. Doch an wen, ist erst seit kurzem klar. Die Deutsche Beteiligungs-AG (DBAG) wird für rund 120 Millionen Mark 85 Prozent des Verlags übernehmen. Damit muß sich der Verlag des Gong zu einem ganz normalen Großverlag wandeln.
Das war er nämlich nicht immer: Trotz seiner Größe (Gesamtumsatz 1996 923 Millionen Mark, Verlagsumsatz 332 Mio.) und seines Portfolios, das von Geliebte Katze bis zu PC-Games (Objekt einer Sebaldus-Tochter) reicht, war Sebaldus nämlich eines der letzten mittelständisch organisierten Print- Häuser ohne Großgesellschafter. Hier gab es allenfalls einen Stimmblock, die katholische Kirche: Unter den 197 Gesellschaftern waren zahlreiche Bistümer, Pfarreien und katholische Institutionen, die nach Verlagsangaben über ein gutes Fünftel der Anteile verfügten. Das ging nicht ohne Konflikte ab: Als ein Gong-Joint-venture mit dem Burda-Verlag (Focus, Bunte) nach der Wende im Osten das später an Burda abgestoßene Titten- und Heimatblatt Super-Illu („Ost- oder Westpaare – Wer explodiert öfter im Bett“) lancierte, rumorte es in kirchlichen Kreisen. Am Verhalten der kirchlichen Anteilseigner wird sich nun entscheiden, ob die geplante Transaktion klappt.
Mit solchen Gesellschafterstrukturen ist ein moderner Großverlag kaum überlebensfähig. Die letzte Neueinführung des Gong- Verlages liegt in den frühen Achtzigern, tödlich in einem Geschäft, das von Dynamik lebt. Das zeigte sich besonders bei den TV-Zeitschriften: Bild + Funk und Gong verlieren seit Jahren kontinuierlich an Auflage und Anzeigen.
Die neuen Eigentümer sollen dem Verlag vor allem Geld geben für neue Projekte, wie die gesamtdeutsche Einführung der Ost-Erwerbung Guter Rat. Sie wollen dafür, daß anstelle der mageren Umsatzrendite von 0,57 Prozent deutlich mehr steht, denn die DBAG ist eine börsennotierte Beteiligungsgesellschaft. Deshalb wird, in drei bis fünf Jahren, sogar der Börsengang angepeilt. Die DBAG beteiligt die französische Anlagegesellschaft Alpha mit 35 Prozent, mit 20 einen ungenannten Privatanleger und mit zehn das Management. Das wollte nun vor allem einen pressefremden Investor haben, damit man ohne publizistischen Einfluß weiterwerkeln kann.
In der Vergangenheit hatte sich neben Burda vor allem Bauer (Neue Revue, Bravo) für den Gong-Verlag interessiert. Letzte Connection zu Burda: Sebaldus' Anteilseigner Helmut Markwort, der vor Focus unter anderem das Sebaldus-Blatt Ein Herz für Tiere als Chefredakteur führte. Ob er auch verkauft, ist unbekannt. Lutz Meier
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen