Mark allein auf der Bühne

■ Der ehemalige Take That-Hüpfer Owen und sein Weg vom Pin-Up aus dem Kinderwagen zum erwachsenen Songwriter

Die Prognosen waren alle eindeutig: Einige Jahre würde es schon dauern, bis sich alle Beteiligten von dem Take That-Split anno 1995 erholt hätten. Dann würden Gary Barlow und der Boygroup-Judas Robbie Williams nach ein paar Zeilen bissiger Vergangenheitsbewältigung lals Pop-Kontrahenten durch die Charts düsen. Den Rest, Jason Orange, Howard Donald und Mark Owen, hatte jedoch niemand wirklich auf dem Plan.

Warum auch? Orange sang niemals solo, Donald wagte einen zaghaften Versuch, wurde aber weitgehend ignoriert. Und Owens einzig nennenswertes Verdienst für die erfolgreichste Jungenvereinigung nach New Kids On The Block war die beliebte, aber ungemein piefige Heimkehrer-Single Babe gewesen. Ansonsten waren sie die drei von der Tanzfläche – nett und stumm, dafür flink wie ein Flummi.

Doch jetzt hat sich die allgemeine Einschätzung gewandelt. Denn während die Fach- und Fanwelt bislang immer mehr über die Gründe gegrübelt hat, weshalb das Kinn von Robbie Williams immer feister wird, oder über Gary Barlows Affinität zu George Michaels Arbeitsweise debattierte, spielte Mark Owen ganz still neue und vor allem eigene Songs ein. Ratzfatz war sie da: Child, die erste Single, und ziemlich schnell folgte mit Green Day das Solo-Debüt in voller Länge. Und der hübsche Knabe ist es auch, der jetzt lange vor den anderen eine eigene Tour auf die Beine stellt.

Für ihn muß all dies einer zweiten Initiation gleichkommen. Was hatten Mädchen und Medien ihm nicht alles angetan: Zum Pin-Up aus dem Kinderwagen hatten sie ihn gemacht. Mark war immer nur der niedliche Kleine mit den süßen Grübchen, dessen wache Augen auch mit 24 schon bei Zehnjährigen Muttergefühle wecken.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb Green Day so bewußt retro und ältlich klingt: Auf dem Werk findet sich Songwriter-Pop aus der Kühltruhe mit ganz viel 60s-Melodien und überpointierter Eigenständigkeit. Das wirkt älter als die Mädchen, die mit ihren Knuddelsalven seine Männlichkeit in Frage gestellt hatten.

Nichts klingt mehr nach Take That, höchstens nach Mark selbst – und das soll es auch. „I stand for myself, is that what it's all about“, singt Mark zum Schluß. Mit ähnlichen Zeilen hatte einst Gloria Gaynor in ihrer Hymne „I Am What I Am“einer ganzen Bewegung zu Selbstvertrauen verholfen. Bei Mark Owen muß es jeden Abend nur für ihn selbst reichen, trotzdem gibt es viel zu tun. Denn auch er wird ahnen, wer da in den ersten Reihen seiner ausverkauften Konzerte steht und kreischt.

Oliver Rohlf

Do, 3. Juli (Restkarten) und Fr, 4. Juli (ausverkauft), jeweils 20 Uhr, Große Freiheit