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Die den event toppen

■ Daimler Benz macht auf der Bürgerweide Theaterberserker handzahm und präsentiert nebenbei ein klitzekleines neues Auto

Vergessen wir Ford und seine PR nach dem Prinzip des Gard-Haar-Studios. Schwerer ist da schon der event der Volkswagen AG zu toppen, wenn sie ein Pink-Floyd-Konzert powert und eigens dazu ein Auto auf den Markt bringt. Ebendieses Toppen haben sich die KommunikatorInnen der Daimler-Benz AG vorgenommen. Und nach dem bisherigen Verlauf ihrer jetzt in Bremen Station machenden Kampagne für das neue A-Modell zu urteilen, ist ihnen das offenbar gelungen.

Makroereignis heißt das Wort dafür, unter dem der Konzern die Liaison von Kunst und Kommerz bekannt gibt, die katalanischen Theater-Berserker „La Fura dels Baus“handzahm macht und für die letzten NörglerInnen noch ein bißchen Workshop-Atmo der End-60er und 70er Jahre beimengt.

18 mal 18 mal 18 Meter groß ist der Schauplatz, den behelmte Menschen für den unkonventionellen Dialog mit neuen Kunden auf der Bürgerweide hergerichtet haben. Vor Bremen war das Gebilde aus Holz und Glas und Pappmaché, in dem braune Bohnen baumeln und aus dem ein bald Fernrohr-ähnliches, bald Lollistengel-verwandtes Dingsbums gen Himmel ragt, schon in sechs Städten zu sehen. „Kubus“wird es liebevoll genannt und diente dort wie in Bremen und an 13 weiteren Tournee-Standorten einzig dem Zweck, Volk und Welt mit dem neuen, 357 mal 160 Zentimeter kleinen Mini mit Stern bekannt zu machen: „Außen kleiner als ein Polo, die Innenraummaße so wie die C-Klasse“, „Sandwichbauweise“, „schräg liegender Motor“, „Spritverbrauch Dieselvariante mit einer drei vor dem Komma“, schwärmen Eingeweihte für eine Symbiose aus Ökonomie, Ökologie und Ästhetik.

Da trifft es sich, daß auch das kulturelle Bei-, nein, Hauptprogramm „Simbiosis“heißt, „denn das Spiel auf der Bühne und das Auto lassen sich“laut Pressemappe „nicht nur aus unserer Gesellschaft, sondern auch aus unserem kulturellen Gesamtgefüge nicht wegdenken.“

„In einer Zeit, in der überall an Kultur gespart wird“, hilft Daimler-Benz der spätestens durch die Gestaltung der Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele 1992 massenhaft bekannt gewordenen Compagnie „La Fura dels Baus“über den Sommer. „Nie würden die sich vor einem Auto fotografieren lassen“, weiß die Tourneemanagerin Randi Klages und ist sich nach sechs Tourneestationen trotzdem sicher, daß die Assoziation ungewöhnliches Theater plus ungewöhnliches Auto aufgeht.

Clever bedient sich das Unternehmen der MultiplikatorInnen, indem es, wo es kann, Anker wirft. So wirken bei „Simbiosis“, das als Spektakel rund um die vier aristotelischen Elemente annonciert wird und von „La Fura“eigens für die Tour inszeniert wurde, KünstlerInnen aus der Region mit.

Nach einem Casting wurden auch in Bremen 18 (18? 18!) für tauglich befunden. Darunter auch der Ex-Leiter des geschlossenen Freiraum-Theaters, Jürgen Müller-Othzen, für den ganz pathetisch „ein Traum in Erfüllung geht“, zumal er „La Fura“schon einmal nach Bremen geholt hätte, wenn er hätte machen dürfen, was er hatte machen wollen.

Anker auch in der Kulturszene, die im Kubus über das nicht gerade unbrisante Thema Kulturfinanzierung workshopt (4. Juli, 17 Uhr). Oder in der Politszene, die sich über die Erreichbarkeit der Innenstadt fetzen kann (5. Juli, 17 Uhr). Oder in der Sportszene, die dem – „Immer in Bewegung“– nacheifern darf (6. Juli, 17 Uhr). Dazu gibt's etwas für Kinder (ohne Sprungkissen) und für GestaltungsfachoberschülerInnen und – ganz nebenbei auch für Kenner von Seitenaufprallschutz, Gurtstraffern und automatischer Kindersitzerkennung. ck

A-Motion vom 3. bis 6. Juli ganztägig auf der Bürgerweide; öffentliche Proben „La Fura dels Baus“3. bis 5. Juli um 20.30 Uhr, Premiere am 6. Juli, 21 Uhr – Eintritt frei

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