■ Vorschlag: Wohin vom Kapitalismus aus? Eine Debatte im Deutschen Theater
Die herrschende Wirtschaftstheorie, schrieb neulich mal ein findiger Kopf, tut immer so, als gehöre ihr allein die ganze Zukunft. Vergessen wird dabei, daß in den Siebzigern noch jeder prophezeit hatte, nur dem Keynesianismus könne die Zukunft gehören. Sogar Richard Nixon erkannte damals: „Wir sind alle Keynesianer.“ Ebenso zweifelsfrei scheint in den Neunzigern der Neoliberalismus weltweit gesiegt zu haben und immer weiter zu siegen. Doch es mehren sich die Zeichen, daß der neoliberale Abbau des Sozialstaats und die Deregulierung der Arbeitsverhältnisse ihren Zenit überschritten haben. Damit steht wieder eine Alternative zum Hardcore-Kapitalismus auf der Tagesordnung. Und womöglich eine Renaissance der Linken?
Aber was heißt das? Kann man, nach dem definitiven Crash des Realsozialismus, einfach wieder in der Geschichte der Linken zurückreisen? Zumal sich die ökonomischen Verhältnisse radikal verändert haben: In den Metropolen verschwindet die Arbeit – und fast scheint es so, als würde der Kapitalismus in seiner scheinbar unendlichen Flexibilität auch diese Revolution integrieren und überleben können. Aber was wird mit jenen, die keinen Zugang mehr zu der großen Integrationmaschine Vollerwerbsarbeit finden? Vielleicht liegt darin der neue Grundwiderspruch des Systems: Je konsequenter der Kapitalismus die Arbeit abschafft, also „kommunistische“ Verhältnisse erzeugt, desto größer wird auch die Gefahr, daß die Gesellschaft in zwei neue Klassen zerfällt: Vollbürger mit Arbeit, Parias ohne Arbeit. Und damit würde „Gerechtigkeit“ zu dem linken Thema der Zukunft.
Im „Streitraum“, einer regelmäßigen Diskussionsveranstaltung in der Baracke des Deutschen Theaters, werden sich Claus Offe, Soziologieprofessor an der Humboldt-Uni, Christian Fenner, Politologieprofessor an der Uni Leipzig, Robert Kurz, Publizist aus Nürnberg, und Robert Misik, Deutschland-Korrespondent des Magazins Profil und regelmäßiger taz-Autor, mit diesen Fragen beschäftigen. Es moderiert Wolfgang Engler. Stefan Reinecke
Morgen, 18 Uhr, DT-Baracke, Schumannstr.10
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