: „Wir erfüllen hier eine Mission“
■ Interview mit David Wilder, Sprecher der jüdischen Siedler
taz: Wie kann Ihrer Meinung nach eine Befriedung der Situation in Hebron erreicht werden?
David Wilder: Hebron steht nicht für sich allein, involviert ist der gesamte Nahe Osten: Syrien, der Iran und auch Ägypten. Das Osloer Friedensabkommen hat die Position der israelischen Regierung dramatisch geschwächt. Die Araber haben daraus sofort Vorteile gezogen. Arafat gibt nichts, er nimmt nur. Und er droht, er werde wieder zum Terrorismus zurückkehren, wenn er nicht das bekommt, was er will. Oslo wird kein Erfolg werden, sondern vor den Augen derer, die unterzeichnet haben, explodieren.
Die jüngsten Unruhen sind aber doch auf ein Flugblatt zurückzuführen, auf dem der Prophet Mohammed als Schwein abgebildet ist. Ist das nicht eine Provokation seitens der Siedler?
Wir sind dafür nicht verantwortlich. Gemacht hat das ein Mädchen aus Jerusalem, das in Kiryat Arba, einer Siedlung bei Hebron, lebte. Wir verurteilen das. Aber die Unruhen dauern jetzt schon zwei Wochen an. Und erst am vergangenen Wochenende haben die Araber das Flugblatt entdeckt.
Verstehen Sie sich als Nachfolger der Hebroner Juden von 1929?
Wir verstehen uns als Israelis. Wir zahlen Steuern wie die Leute in Tel Aviv, leisten Wehrdienst und erfüllen unsere Pflichten. Wir sind die Nachfolger von Abraham und Jakob, von König David, nicht der Hebroner Juden. Vor dem Krieg von 1967 konnten Juden 700 Jahre lang nicht in Hebron beten, weil das Grab der Patriarchen eine Moschee war.
Aber die jüdische Siedlung gehört doch zur arabischen Zivilverwaltung von Hebron?
Ja, wir zahlen die Strom- und Wasserrechnung an Mustafa Natscheh, Hebrons Bürgermeister.
Welche Forderungen haben Sie gegenüber der Regierung Israels?
Es ist uns nicht erlaubt, auch nur einen Stein in die Hand zu nehmen, um etwas aufzubauen, ganz zu schweigen davon, einen Stein zu werfen. Wir sollten die Möglichkeit haben zu bauen, uns zu entwickeln, in einer natürlichen Umgebung zu leben. Die israelische Regierung muß überdies unsere Sicherheit und die der Soldaten garantieren. Heute haben sie endlich fünf oder sechs Leute geschnappt.
Was erwarten Sie von den Umbesetzungen in Ihrer Regierung?
Erwartungen habe ich keine. Die sind immer enttäuscht worden. Wenn die Regierung nicht bald etwas unternimmt, wird es erst mal schlimmer, bevor es besser wird.
Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai hat ja härtere Maßnahmen angekündigt.
Ja, aber wir wollen jetzt Taten sehen. Mordechai ist ein Heuchler, ich traue ihm nicht.
Wie stellen Sie sich denn Ihre Zukunft hier vor?
Wir haben keine Angst. Wir bleiben hier. Sicherlich gibt es Spannungen. Aber die Kinder spielen in der Straße und bewegen sich frei in Hebron. Sicher sind auch sie gestreßt. Aber für uns ist Hebron der schönste Platz in der Welt. Hier verteidigen wir das Judentum, das gesamte, auch für die Zukunft. Wir erfüllen hier eine große Mission.
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