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Kredite und Aufbauhilfe gegen Kriegsverbrecher

■ Die Staatengemeinschaft treibt mit Geschick einen Keil zwischen beide Lager

Schon vor einem Jahr gaben sich Delegationen der internationalen Gemeinschaft in Banja Luka die Klinke in die Hand. „Die Region Banja Luka kann mit der Hilfe der USA rechnen, wenn sie mit der internationalen Gemeinschaft kooperiert“, erklärte bei einer dieser Gelegenheiten US-Botschafter Menzies. Und die internationalen Hilfsorganisationen bekamen den Wink, die Region um Banja Luka in ihre Programme aufzunehmen. Seither sind viele Projekte entstanden. Nicht nur um den Bedürftigen zu helfen – die Hilfsprojekte für die Infrastruktur zielen darauf, den Appetit nach Krediten und nach Wirtschaftshilfe zu erzeugen.

Das finanzielle Zuckerbrot für Westbosnien weckt Erwartungen. Doch bevor die wirklich substantielle Hilfe einsetzen kann, müssen die beiden wichtigsten Forderungen der USA und einiger europäischer Staaten, so auch Deutschlands, erfüllt werden: die Auslieferung der von Den Haag gesuchten Kriegsverbrecher und die Rückkehr der Vertriebenen.

Das sind harte Brocken. Denn auch Präsidentin Biljana Plavšić hat nicht die Macht, Karadžić und Mladić verhaften zu lassen. Nur wenn es ihr gelingt, die Machtposition der Führung der Nationalistenpartei SDS im Staate zu brechen, könnte diese Möglichkeit überhaupt erst entstehen. Immerhin: Mit dem jetzt offen gewordenen Konflikt wagt sie den ersten Schritt dazu. Und kann sich der internationalen Deckung sicher sein.

Zumindest teilweise. Hinter den Kulissen der internationalen Institutionen tobt nach wie vor der Kampf um die Bosnien-Politik. In Großbritannien und Frankreich wird die Frage der Kriegsverbrecher und damit der Erfüllung des Abkommens von Dayton keineswegs so hochgehängt wie in den USA. Sogar für die Teilung Bosnien-Herzegowinas einzutreten, hat ja in beiden Staaten durchaus eine Lobby. Und da die Bundesregierung ebenfalls von der härteren US-Linie zurückzuweichen beginnt, sind es vor allem die USA, die auf diesem Punkt beharren.

Die Umsetzung von Dayton sei geknüpft an die Entmachtung der Kriegsverbrecher, heißt es immer wieder in Washington. Und so solle sich die Nato bereithalten, doch noch in dieser Frage aktiv zu werden. Die dafür nötigen Spezialtruppen befinden sich nach Auskunft hoher Militärs bereits in Sarajevo. Und damit liegt die Peitsche bereit.

Damit ist jetzt auch die Führung in Pale konfrontiert. Daß die US- Regierung es ernst meint, geht schon daraus hervor, daß Robert Gelbard, der neue US-Sondergesandte, am Samstag nach Pale fuhr und erreichte, daß Karadžić' rechte Hand, Momcilo Krajišnik, sich plötzlich zu einem Treffen mit Plavšić in Bijeljina bereit erklärte. Was geschieht aber, wenn Plavšić sich nicht durchsetzen kann? „Das Abkommen von Dayton steht auf dem Spiel. Es ist eine ernste Stufe erreicht“, heißt es aus diplomatischen Kreisen in Sarajevo.

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