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Zwangseinkauf in Kreuzberg

Eine Lehrerin begleitet ihren Schüler, der Asylbewerber ist, in den Sorat-Laden in der Methfesselstraße und berichtet über ihre Beobachtungen:

Wir versuchten, uns im Büro anzumelden und wurden mit einem halbgebrüllten „Warten drüben!“ begrüßt. Der Warteraum war winzig, fünf Stühle stehen nur darin. Nach 25 Minuten ging die Tür auf und wir wurden reingelassen. Personenkontrolle. Ich schaue den Raum an: Die Geschäftsräume sind winzig, ich denke, daß sie höchstens 100 qm groß sind. An einer Seite des Geschäfts steht eine Theke (etwa zwei Meter lang) mit Gemüse. Jetzt, um 14.45 Uhr, stehen noch zur Auswahl ein paar Tomaten, Lauchstangen, dicke Kohlköpfe, drei Gurken, die nicht mehr sehr verlockend aussehen. Auf dem Boden steht eine Kiste mit einigen Kilo Kartoffeln, Zwiebeln sind nicht mehr vorhanden. Als Obst stehen dicke Ananas da, drei Plastikkörbe mit Pflaumen. Wir sind mitten im Sommer. Überall wird Obst in Hülle und Fülle angeboten. Hier gibt es nichts davon zu sehen.

An der anderen Seite stehen Regale, die jetzt zu drei Vierteln leer sind. Kaffee (eine einzige Sorte) wird für 10,51 Mark angeboten. Die gleiche Packung habe ich gestern für 7,99 Mark gekauft! Mein Schüler kommt enttäuscht zurück: Wieder sei kein türkisches Brot mehr da. Gestern hätte er auch keins bekommen. Ich suche vergeblich nach Frischmilch... Wir müssen zu Fuß zur U-Bahn und wieder heim. Mit seinem Taschengeld geht der Schüler in ein Geschäft und kauft sich türkisches Brot und frische Milch. Heute möchte er nicht wie jeden Tag seit einer Woche ohne dastehen.

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Flüchtlingsrat

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