Blutige Eskalation im Schanzenviertel

■ Türke sticht Afrikaner nieder, vier Schwarze verhaftet, mit Selbstjustiz gedroht

Simon D. hatte sich im Imbiß „Kep'up“gegenüber dem Sternschanzen-Bahnhof nur einen Döner gekauft. „Später hat er gemerkt, daß er seinen Geldbeutel dort vergessen hatte“, erzählt sein Freund Abou J. Dann ging gestern nachmittag alles ganz schnell. Der türkische Verkäufer ging mit seinem Kebabmesser auf den jungen Westafrikaner los, traf ihn aber nicht in die Brust, sondern zwei Mal in den linken Arm. Andere Schwarze eilten zur Hilfe, die Polizei kam, der Tumult war perfekt. „Sie haben ihn nicht festgenommen, nichts, gar nichts“, berichtet ein junger Schwarzer wütend. Statt des Täters habe die Polizei vier Schwarze inhaftiert. „Die hatten überhaupt nichts gemacht.“Einer, Abubacarr C., sei von dem Beamten Andreas Sch. mit größter Brutalität in den Polizeiwagen geworfen und auf den Boden gedrückt worden. „Der Polizist kniete auf ihm.“

Die Stimmung unter den Afrikanern vor dem Sternschanzenpark ist hochexplosiv; Worte von Selbstjustiz machen die Runde. „Wir kennen den Namen und die Adresse des Täters“, versucht der Polizist Olaf Lau beruhigend auf die aufgebrachte Gruppe einzuwirken. Der Mann sei schon weg gewesen als die Polizei kam. Lau kennt fast alle hier. Die Junkies duzen ihn, die Afrikaner trauen ihm. Die meisten, deren Emotionen er runterkochen will, gehören nicht zur Dealer-Szene. Auch das Opfer nicht, sagen seine Freunde. „Der ist Moslem und trinkt nicht einmal.“

Zu der „Eskalation auf beiden Seiten“kam es, so Lau, durch die schanzen-unerfahrenen Kollegen, die von anderen Wachen (16 und 22) herbeigeeilt kamen. „Das wäre anders besser gewesen.“Er spricht über Funk, dann kann er den Afrikanern mitteilen: Der Verletzte liegt im UKE, die beiden langen Stichwunden wurden genäht. Auch Lau hofft, daß der Messerstecher in Untersuchungshaft kommt. „Wenn der morgen wieder im Imbiß steht...“ Silke Mertins