: Schalck ist nicht Markus Wolf
■ Der Bundesgerichtshof hält die Verurteilung des früheren DDR-Devisenbeschaffers für rechtmäßig
Berlin (taz) – Ein rabenschwarzer Tag für Alexander Schalck- Golodkowski. Der Bundesgerichtshof in Berlin verwarf gestern einen Revisionsantrag des früheren DDR-Devisenbeschaffers gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin, das ihn zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt hatte. Nun muß der 65jährige, der einst mit Franz Josef Strauß den Milliardenkredit für die DDR einfädelte und seit 1990 am Tegernsee in Bayern lebt, mit weiteren Verfahren rechnen. Insgesamt sind gegen Schalck-Golodkowski sieben weitere Anklagen anhängig, über deren Zulassung noch entschieden werden muß.
Der Bundesgerichtshof folgte mit seinem Urteil der Argumentation des Landgerichts, wonach Schalck-Golokowski als Leiter der „Kommerziellen Koordinierung“ (KoKo) illegal Militärgeräte in die DDR eingeführt habe. Dabei ging es um eine eher läppische Kaufaktion: Zwischen 1986 und 1989 hatte Schalck im staatlichen Auftrag 246 militärische Nachtsichtgeräte und 69 Waffen auf dem westlichen Markt eingekauft. Sein Problem: Beide Güter fielen unter die westlichen Embargobestimmungen.
Um ihn verurteilen zu können, besann sich das Landgericht Berlin auf ein Militärregierungsgesetz Nummer 53 von 1949, das den innerdeutschen Handel regelte und im folgenden Jahr zum Bundesgesetz wurde. Darin waren die Waffen, die Schalck-Golodkowski in die DDR importierte, als Embargogüter deklariert. Schalck, so das Landgericht vor gut einem Jahr, habe die entsprechenden Geschäfte beherrscht, geplant, den Import ermöglicht und auch bezahlt.
Die Richter am Bundesgerichtshof unterstellten Schalck gestern einen „starken Willen zum Rechtsbruch“, weil die Beschaffung der Geräte und Waffen zum Teil mit geheimdienstlichen Mitteln erfolgt sei. Schalcks Verteidiger hatten hingegen schon in der Vergangenheit das Urteil des Landgerichts heftig kristisiert. Ihr Mandant habe Embargogüter nur empfangen, es gebe außerdem kein völkerrechtliches Verbot, mit Waren zu handeln. Es sei absurd, der DDR nachträglich vorzuhalten, das Embargo umgangen zu haben. Schließlich seien die Güter einseitig vom Westen auf die Embargoliste gesetzt worden. Ihrer Argumenation, Schalck-Golodkowski habe wie der DDR- Geheimdienstchef Markus Wolf von der DDR aus gehandelt und daher müsse auch er von der Strafverfolgung freigestellt werden, widersprachen die Bundesrichter. Für den DDR- Außenhandel gelte dieser vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Grundsatz nicht, wenn er gegen internationale Absprachen der Bundesrepublik verstoße, die „ihren Willen zum Frieden“ ausdrücken sollen.
Möglicherweise wird sich nun das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil beschäftigen. Das Einschalten des höchsten Gerichts hatten die drei Verteidiger Schalcks in der Vergangenheit mehrmals erwogen. Severin Weiland
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