: Tatsächliche Beweise gibt es nicht
■ Interview mit dem IG-BAU-Geschäftsführer Rainer Knerler über die angebliche Schuld der „Billiglöhner“ beim Tiergartentunnel-GAU
Die IG Bau führte den Grundwassereinbruch in den Tiergartentunnel am Donnerstag auch auf den Pfusch am Bau durch den Einsatz unqualifizierter „Billiglöhner“ aus dem Ausland, meist aus Portugal, zurück. Diese könnten die Tragweite von Baufehlern, so die IG BAU, nicht überblicken.
taz: Gibt es für ihre These Beweise?
Rainer Knerler: Auf allen Baustellen am und in der Nähe des Potsdamer Platzes, also auch beim Tunnelbau, werden Billiglöhner eingesetzt. Deswegen ist in allen Bereichen am Bau die Qualität der Arbeit nicht mehr gesichert. Das hat die Bauindustrie heute übrigens bestätigt. Sie müssen billigere Arbeitnehmer anwerben, weil der Markt so kaputt ist. Dann ist aber die Qualität der Arbeit nicht mehr unbedingt gewährleistet. Dieses Problem betrifft im Prinzip alle Großbaustellen in Berlin. So ist es kein Geheimnis, daß viele Firmen in ihre Kalkulation höhere Regreßforderungen einplanen, weil oft Pfusch passiert.
Das sind doch aber noch keine konkreten Beweise dafür, das „Billiglöhner“ für den Wassereinbruch verantwortlich sind.
Ich sage ja nicht, daß die unqualifizierten Arbeiter tatsächlich Schaden verursacht haben. Doch wenn man auf den Baustellen einen Mix von qualifizierten und unqualifizierten Arbeitern vorfindet, ist das Risiko sehr hoch. Das ist ein Hand-in-Hand-Spiel. Da wird da mal bei einem Rädchen nicht aufgepaßt oder ein Bauvorgang nicht gut ausgeführt, und am Ende hat man dann einen Unfall wie beim Tiergartentunnel.
Gibt es nun Beweise oder nicht?
Tatsächliche Beweise gibt es in diesem Fall nicht. Dazu müßte ich die technischen Unterlagen haben, die bekommen wir aber natürlich nicht. Ich habe aber gute persönliche Kontakte zu den Leuten, die auf der Baustelle arbeiten. Wenn die mir sagen, da sind Billiglöhner eingesetzt worden, dann reicht das aus.
Sind da nicht auch Ausländerfeindlichkeit und Vorurteile im Spiel?
Meine Äußerungen haben nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun. Es geht hier immer um Qualifikation. Mir ist es völlig egal, ob der Bauarbeiter aus Portugal oder Berlin kommt. Hauptsache, er ist qualifiziert.
Hat der Tunneleinbruch Auftrieb für ihre Streiks gegeben?
Ich sehe eine Verquickung mit dem Streik eigentlich nicht. Das ist ein Problem, was wir schon seit Monaten haben. Natürlich ist es aber so, daß ein fachlich qualifizierter Arbeiter auch ein fachlich qualifiziertes Einkommen bekommen soll. Es ist nicht einzusehen, daß jemand, der eine Ausbildung hinter sich hat, genauso bezahlt wird wie einer, der nicht qualifiziert ist. Deshalb gibt es doch Auftrieb für unseren Arbeitskampf. Interview: Julia Naumann
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen